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Mission im Alpha-Quadranten von Tobias Heintz

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Kapitel 1 - An Bord des Sternenflottenschiffes U.S.S. Akula

Das Schiff der Akira-Klasse flog mit vollem Impuls in Richtung eines Gasriesen, der mit einem Äquatordurchmesser von 119.288 Kilometern ungefähr die Größe des Planeten Saturn hatte und schwenkte in einen zirkulären Standardorbit um den Gasball ein. Es war der äußerste eines Systems von acht, die um einen Gelben Zwergstern angeordnet waren, der in den astrometrischen Karten der Sternenflotte als Beta Chorom verzeichnet war.

Auf der Brücke der Akula saß Captain Anton Night und starrte eher gelangweilt als fasziniert oder wenigstens interessiert auf das Bild des fast völlig hellbeigen Planeten. Er hatte diese Wissenschaftsmission durch und durch satt. Am anderen Ende des Föderationsraumes kämpften Flottenteile der Sternenflotte um die Existenz des interstellaren Völkerbundes und sie mussten auf der Suche nach Ressourcen von Stern zu Stern reisen.

"Sind jetzt im Orbit um Beta Chorom acht, Sir." Der Stimme des Lieutenants entnahm er eine ähnliche Laune wie seine eigene. "Keine Monde. Scan des Planeten läuft. Messe zweiundachtzig Komma sieben vier Volumenprozente Wasserstoff und sieben Komma eins neun Volumenprozente Helium. Des weiteren Acetylen, Ammoniak, Methan und in geringen Mengen Phosphorverbindungen und Wasser. Die Wolken enthalten Ammoniumsulfid. Durchschnittliche Oberflächentemperatur einhundertsiebzehn Grad Celsius unter dem Gefrierpunkt. Der innere Aufbau entspricht dem Typ G. Keine Besonderheiten."

Wie immer, fügte Captain Night in Gedanken hinzu und wusste, dass er mit diesem Gedanken nicht allein war. Laut sagte er: "Lieutenant Rusa, setzen sie eine Sonde zur weiteren Beobachtung aus."

"Aye, Sir." Sie bediente einige Kontrollelemente und sagte dann: "Sonde ist ausgesetzt."

"Lieutenant Russell, welcher Planet ist der nächste?"

"Beta Chorom fünf, Sir. Sechs und sieben befinden sich derzeit auf der abgewandten Seite der Sonne."

"Gut. Setzen sie einen Kurs. Voller Impuls."

"Kurs gesetzt, Captain. Erreichen Beta Chorom fünf in dreizehn Komma acht fünf vier Stunden."

"Commander Rayd, sie haben die Brücke. Ich bin im Bereitschaftsraum."

Commander Brian Rayd, der auf dem linken Sessel der für zwei Personen ausgelegten Bank saß, quittierte seinen Befehl mit einem Nicken. Und bereitete sich auf eine sehr langweilige Schicht vor. Es dauerte nicht lange und mit seinen Gedanken war er bei seiner Gattin, Lieutenant Commander Caroline Rayd. Sie befand sich zur Zeit auf der Liberty, einem der vielen Schiffe, die weit weg von hier als Teil der siebenten Flotte einen Kampf gegen einen der bösartigsten Feinde der Föderation kämpften. Seit das Dominion vor einem Jahr im Alpha-Quadranten Fuß gefasst hatte, gab es immer wieder kleinere Gefechte, doch seit die Sternenflotte vor etwa drei Monaten die Raumbasis Deep Space 9 verloren hatte, ist die Aggressivität des Feindes um ein Vielfaches gestiegen. Viele Offiziere und Mannschaftsmitglieder glaubten nicht mehr an einen Sieg, versuchten sich schon jetzt mit dem Gedanken einer besiegten Föderation unter der Herrschaft des Dominions abzufinden.

Sie brauchten unbedingt einen Sieg. Und dazu ist die siebte Flotte ausgesandt worden. Einhundertzwölf Schiffe, die das Dominion in seine Schranken weisen würden und den Besatzungen vieler Flottenschiffen und Raumbasen neuen Mut geben werden.

"Wir erreichen gleich Beta Chorom fünf, Sir."

"Gehen Sie auf ein Viertel Impuls und bereiten Sie den Anflug in einen Standardorbit vor. Lieutenant Rusa, beginnen Sie mit ihren Scans, aber informieren Sie mich nur über Besonderheiten." Er war zwar Forscher, doch hatte er keine Lust, sich noch mehr Details unbewohnter Planeten und ihrer atmosphärischen und geologischen Zusammensetzung anhören zu müssen. Genug ist genug.

Anton Night hatte ihn auf dieses Schiff geholt, weil er als wissenschaftlicher Offizier auf der USS Aurora mehrere Auszeichnungen errungen hatte. Vor zwei Jahren bekam Captain Night das Kommando über die Akula, und damals gab es gerade keinen freien Posten als Commander auf der Aurora. Rayd hatte ein Versetzungsgesuch an das Sternenflottenhauptquartier geschickt und war schließlich hier gelandet. Wie jeder Offizier der Flotte, so hoffte auch Commander Rayd, eines Tages sein eigenes Kommando zu haben. Anfangs wohl nur über eines der Oberth-, Center- oder, so wünschte er sich, der Defiant-Klasse, doch später bekam er möglicherweise ein unabhängigeres, wie die Intrepid- oder Nebula-Klasse. Vielleicht würde man ihm nach einigen Jahren, wenn der Krieg vorbei war und wieder Erkundungsmissionen gestartet werden konnten, eine Forschungsschiff der Galaxy- oder der neueren Proxima-Klasse überlassen. Und dann würde er...

Eine Sequenz kurzer und schriller Warntöne riss ihn aus seinen Tagträumen. Der trianische Offizier an der Einsatzleitung schräg vor ihm, Lieutenant Commander Calanor Dares, überprüfte einige Datenkolonnen, ehe er sich umdrehte und sagte: »Ich empfange mehrdeutige Daten von Beta Chorom vier. Ich bin nicht hundertprozentig sicher, doch ich glaube, dass es sich dabei um auf Kohlenstoffbasis lebende, komplexe Organismen handelt. Ich empfehle eine Sonde hinzuschicken, bis die Untersuchungen hier abgeschlossen sind.«

Rayd hörte deutlich einen Unterton in der Stimme des Offiziers, der in etwa ausdrückte: Endlich etwas Lebendiges! Doch er schürte diesen Enthusiasmus ein wenig: "Nein. Diese Lebensformen laufen uns nicht fort. Wir machen weiter und untersuchen die Planeten mit dem bisherigen Schema. Wenn wir beim vierten Planeten angekommen sind, haben sie noch genug Zeit, ihren Forschergeist zu befriedigen."

"Aye, Sir." Ein wenig enttäuscht wand sich Dares seiner Konsole zu.

Rayd wollte noch etwas sagen, aber in diesem Moment erklang die Stimme des Captains aus den Lautsprechern: "Commander Rayd, bitte kommen sie umgehend in meinen Bereitschaftsraum."

Es war eindeutig ein Befehl, doch der Captain sagte ‚bitte‘, was einen eigenartiges Gefühl in ihm auslöste, so als müsse er sich auf etwas gefasst machen. Er stand auf, gab das Kommando an Dares weiter und ging etwas langsamer als üblich in Richtung Bereitschaftsraum. Als er den kleinen, spartanisch möblierten Raum betrat, stand Captain Night von seinem Sessel hinter dem fünfeckigen Schreibtisch auf und deutete auf einen der zwei Sessel ihm gegenüber. Er selber setzte sich nicht wieder, sondern ging zu Replikator, fragte seinen Stellvertreter, ob er etwas essen oder trinken wolle und bestellte sich nach dessen ‚nein, danke‘ ein Glas kalte Milch.

"Brian," begann er und setzte sich auf eine der Tischecken. "Ich habe gerade eine Nachricht von der Discovery erhalten. Commodore Meto informierte mich über die Rückkehr der zwölften Flotte aus dem Raum des Dominion."

Diese Nachricht erfreuten den Commander, der keineswegs frohe Tonfall seines vorgesetzten Offiziers entging ihm beinahe.

Der Captain sah Rayd mit einem wissenden, bedauernden Blick an und dieser wusste in diesem Moment, dass dies nicht die gesamten Neuigkeiten waren. "Zumindest der Teil, der von der Flotte noch übrig geblieben ist. Zweiundneuzig Schiffe wurden zerstört, sechs weitere werden vermisst, darunter auch die Liberty."

Die Worte trafen den Ersten Offizier der Akula wie Fäuste. Er hatte gewusst, dass der Krieg viel von ihnen verlangen würde, aber darauf war er nicht gefasst. Er versuchte, seine Fassung nicht allzusehr zu verlieren, indem er fragte: "Haben wir gewonnen?"

Anton Night legte ihm eine Hand auf die Schulter. "Beim nächsten Mal werden wir es."

Nach diesem Satz breitete sich in dem kleinen Besprechungsraum Stille aus. Der Captain stand wieder auf und ging zu dem schmalen Fenster, von dem man einen Blick auf einen der beiden Holme hatte, die von der Oberseite des Diskussegments weit über dessen Heck hinausreichten und die Warpgondeln mit dem Diskus verbanden. Schaute man leicht nach oben, sah man den Kontrollturm mit dem Quantentorpedolauncher, der zwischen den Holmen den höchsten Punkt des Schiffes bildete und so sämtliche Shuttleoperationen vereinfachte.

Captain Night wartete noch einen Moment und gab so seinem Stellvertreter die Möglichkeit, sich zu sammeln, ehe er sich wieder zu ihm umdrehte. Commander Rayd sah ihn so an, als wolle er noch etwas fragen, oder einfach nur mit ihm reden.

"Ist noch etwas, Brian," fragte er.

"Nichts wichtiges." Der Commander machte eine Pause und der Captain machte sich bereit, als Aushilfscounselor einzuspringen, als sein Erster Offizier, sichtlich um die Wahrung seiner Fassung bemüht, fortfuhr: "Unsere Sensoren empfingen nicht eindeutige Daten von Beta Chorom vier. Dares vermutet Lebensformen. Ich habe befohlen, mit dem ausgearbeiteten Muster weiter einen Planeten nach dem anderen zu untersuchen und uns um die genaue Sondierung des Planeten zu kümmern, wenn wir da sind."

"Ich habe einen Vorschlag für dich. Warum gehst du nicht in dein Quartier, ruhst dich ein wenig aus und ich kümmere mich um die Planeten. Sei pünktlich morgen zu deiner Schicht wieder auf deinem Posten."

Rayd stand auf und sah seinem vorgesetzten Offizier in die Augen. "Aye, Captain." Er ging in Richtung Tür und drehte sich noch einmal um und sah seinen Freund an. "Danke."

Als die Akula zwei Sunden und siebzehn Minuten später in den Orbit um Beta Chorom vier einschwenkte, saß Captain Night wieder in seinem Sessel und beobachtete die Darstellung des Planeten auf dem Hauptbildschirm. Es war ein kleiner Klasse-M-Planet mit einer unterdurchschnittlich niedrigen Anzahl an Landmasse. Das Interessanteste jedoch bedeckte ein fünftel der Südhalbkugel des Planeten. Lieutenant Rusas Stimme las die Fakten des Planeten vor, und erwähnte auch das halbkugelförmige, dunkelrote Phänomen, das ununterbrochen von hellgelben Blitzen aus dem Inneren erhellt wurde.

"Energetisches Potential gleicht einem Plasmasturm des Typs 2A," interpretierte sie die Daten, die vor ihr auf einem Bildschirm ihrer Konsole standen. "Eine große Anzahl kleinerer Hoch- und Tiefdruckgebiete werden angezeigt, wie sie entstanden sind, oder wie sie sich erhalten, ist unklar. Auf alle Fälle scheinen sie den Wasserstoff und Sauerstoff des Ozeans separat zu extrahieren, um die Moleküle dann in höheren Luftschichten kollidieren zu lassen. Die so entstandene Energie wird dann in Mikrozyklonen gesammelt und bei Überschreiten eines Kondensationspunktes in die Atmosphäre entladen und verdampft das als ‚Nebenprodukt‘ entstandene Wasser. Die Sensoren sind jedoch nicht in der Lage, die Wolkenbarriere zu durchdringen."

Captain Night beugte sich nach vorn. "Commander Dares, ich habe gehört, dass sie vorhin eigenartige Sensorenwerte von diesem Planeten erhalten haben. Könnte es dieser Sturm gewesen sein, den sie geortet haben?"

Der Angesprochene drehte sich um und sah selbstsicher in das fragende Gesicht des Captains. "Ich bin mir recht sicher, komplexe Lebensformen auf Kohlenstoffbasis geortet zu haben, doch es waren bestimmt nicht die Fische, die in diesem Ozean schwimmen, Sir. Aber außer Fischen und niederen Wasserlebewesen kann ich im Moment nichts Lebendiges dort unten entdecken."

"Könnten während unserer Mission weiter Schiffe durch das System oder aus ihm hinaus geflogen sein?"

"Nicht ohne von uns bemerkt zu werden, Captain."

"Gut. Dann bleibt scheinbar nur eine Möglichkeit, die Lebensformen ausfindig zu machen." Er setzte sich wieder aufrecht hin. "Lieutenant Rusa, bereiten sie eine planetare Sonde vor."

"Sonde vorbereitet und startklar."

"Feuer."

Auf dem Bildschirm sahen sie den kleinen Flugkörper sich dem Planeten nähern. Nach wenigen Sekunden schien sie sich in eine Sternschnuppe zu verwandeln, bevor sie in der wabernden Wolke verschwand.

"Captain," meldete sich Rusa von der wissenschaftlichen Station. "Wir haben den Kontakt zur Sonde verloren, als sie in den Sturm eintauchte. Die Sensorsignale werden von elektromagnetischen Interferenzen überlagert."

"Können sie die Interferenz irgendwie neutralisieren?"

"Nein, Sir. Zumindest nicht ohne weitere Studien."

"Wie lange wird das dauern, Lieutenant?"

"Ich bin mir nicht sicher, wir sind das erste Schiff, was mit einer solchen Art von Sturm konfrontiert wurde. Und wir sind kein Forschungsschiff. Wenigstens drei Tage. Aber ich kann mit Gewissheit sagen, dass die nächste Sonde die Anomalie in Bodennähe zu durchfliegen versuchen sollte."

"Das dauert mir zu lange. Wir sind auch so schon weit hinter den anderen zurückgeblieben. Kann ein Shuttle die Wolkenbarriere durchdringen?"

"Vermutlich. Nur wird das Shuttle keinen Kontakt zu uns haben."

"Commander Dares, Sie und Lieutenant Russell sollten sich auf einen rauher Flug vorbereiten. Ich schlage vor, sie nehmen ein Typ-10 für ihre Reise."

Die beiden Offiziere standen auf, quittierten seinen Befehl und gingen zum Turbolift. Unterwegs stellte er eine schiffsinterne Kommunikationsverbindung her. "Dares an vorderen Shuttlehangar."

"Hier Lieutenant van der Heide, Commander."

"Bereiten Sie ein Typ-10-Shuttle vor. Wir werden in wenigen Sekunden unten sein."

"Aye, Sir"

Als sie in der Kapsel standen befahl Calanor Dares dem Computer, sie zur vorderen Hauptshuttlerampe zu bringen. Die Akira-Klasse, die hauptsächlich für Shuttleträgermissionen konzipiert worden war, hatte zwei große Shuttlehangars, die über Rampen miteinander verbunden waren. Der vordere Haupthangar, von dem hauptsächlich die Starts ausgeführt wurden, verfügte über drei Tore, die achtern gelegene Landerampe nur über zwei, die sich zwischen den schützenden Holmen der Antriebssektion befanden. Beide Hangars waren zwei Decks hoch und zusammen nahmen sie nahezu die gesamte Länge und Breite des Diskussegments in Anspruch. Auf diesem Schiff gab es eine Vielzahl verschiedener Runabouts, Shuttles und anderer Beiboote, so zum Beispiel zwanzig Work Bees und zehn der älteren Vorgängermodelle der Sphinx-Arbeitskapseln.

Der neue Shuttletyp 10 wurde ursprünglich für Schiffe der Defiant-Klasse entworfen und gebaut. Es handelt sich um das derzeit leistungsstärkste Shuttle, was sich an Bord der Akula befand, was vor allem den wuchtigen Warpgondeln am oberen Heck des Shuttles zu verdanken war, die in ihrer Form denen der Defiant-Klasse nachempfunden waren.

Sie verließen den Turbolift und gingen schnurstracks auf des fast zehn Meter lange Shuttle zu. Das Starttor war bereits geöffnet und vom nahezu vollkommenen Vakuum trennte sie nur ein dünnes Feld statischer Energie. Commander Dares nahm im Sitz des Kopiloten Platz und begann damit, die Systeme des Shuttles zu aktivieren.

Lieutenant Russell begann derweil, die Startvorbereitungen zu treffen. "Shuttle Edison an Brücke. Erwarten Freigabe zum Start."

"Brücke an Edison. Starten sie, wenn sie bereit sind. Viel Glück."

Auf der Brücke beobachtete Captain Night den Abflug des kleinen, bemannten Flugkörpers auf dem Hauptbildschirm. Bereits kurz nach dem Start begab sich das Shuttle auf einen Kurs, der es in die Atmosphäre des Planeten bringen würde. Nach dem Eintritt war es auf dem großen Bildschirm im vorderen Teil der Brücke, der den Sturm im Ganzen zeigte, nicht mehr auszumachen.

"Lieutenant Gurdeni, öffnen Sie eine Komm-Verbindung mit dem Shuttle." Der Captain wartete eine Bestätigung ab, bevor er fragte: "Commander, informieren Sie mich über ihre Vorgehensweise"

"Wir beginnen jetzt mit dem Umkreisen und Sondieren des Sturms in Meereshöhe, um einen Pol relativer Ruhe zu lokalisieren," hörte er Dares Stimme aus den Lautsprechern. "Obwohl wir nur vier Meter vor der Front fliegen, sind keine atmosphärischen Turbulenzen spürbar. Die Sensoren können nach wie vor das Innere nicht scannen. Wir haben den Sturm gleich umrundet, die Intensität scheint jedoch überall gleich stark zu sein. Ich kann jedoch Lieutenant Rusas Vorschlag, den Sturm möglichst in niedriger Höhe zu passieren, zustimmen. Wir aktivieren jetzt die Schilde und beginnen mit einem Anflug mit Mach zwei."

"Vermutlich verlieren wir jeden Augenblick die Funkverbindung, Commander. Viel Erfolg."

"Danke, Captain. Wir melden uns in wenigen Minuten wieder. Edison Ende." Zu ihrem Piloten sagte Sie: "Na dann mal los, Mr. Russell."

Der Lieutenant gab ein Flugmuster in die Konsole vor sich ein und das Shuttle flog eine kleine Schleife, bevor es beschleunigte und auf den Sturm zu raste. Doch schon als sie mit der Nase die Wolkenfront berührten verlor er die Kontrolle über das Boot und beide das Bewußtsein, als sie mit unbeschreiblicher Wucht aus den Sitzen gerissen wurden.

"Captain, das Shuttle wurde von einer Energieentladung erwischt und treibt Steuerlos tiefer in den Sturm."

Captain Night stand auf. "Können wir sie mit dem Transporter erfassen?"

"Nein, Sir. Zu viele Interferenzen."

"Traktorstrahl."

"Nicht aus der Entfernung, Captain."

"Captain," meldete sich Lieutenant Rusa. "Das energetische Niveau hat gerade um vierzehn Komma null neun Prozent zugenommen. Das Shuttle wird den Turbulenzen nicht mehr lange stand halten können."

Anton Night überlegte kurz, dann rief er Alarmstufe Blau für das Schiff aus. "Brücke an Maschinenraum. Bereiten sie die Aktivierung der Atmosphärentriebwerke vor."

"Maschinenraum an Brücke. Warpkern ist deaktiviert, Plasma ist aus den Gondeln entlassen, Atmosphärentriebwerke arbeiten normal."

"Fähnrich Raudet, sind sie mit der Prozedur vertraut?"

"Ja, Sir. Zu meiner Ausbildung gehörte eine simulierte Landung einer Intrepid-Klasse."

Der Captain trat etwas näher an die Konsole heran und schaute der jungen, blonden Frau an der CONN über die Schulter. Er war ein wenig beunruhigt, weil dies ihre erste Praxiserfahrung werden würde. "Bloß dieses Mal werden wir nicht landen, sondern nur das Shuttle aus dem Sturm ziehen." Er ging zu seinem Platz zurück.

"Aye, Sir." Fähnrich Raudet wandte sich wieder intensiv den Kontrollen zu.

Fast unbemerkt setzte sich Commander Rayd auf den leeren Sessel neben dem Captain.

"Es ist zwar nur reine Routine, doch ich glaube, ich habe genug geschmollt."

"Ich hätte nie behautet, dass du geschmollt hättest."

"Ist schon gut, Sir."

"Atmosphärenkontrolle ist auf Stand-by, gebe maximale Energie auf die Trägheitsdämpfer," meldete sich die junge Frau an der Flugsteuerung.

"Gut, Fähnrich. Bringen Sie uns bis auf fünfzig Meter an den Sturm. Lieutenant Gurdeni, bereiten sie den Traktorstrahl vor."

Nicht eine Minute nach der Meldung über den Verlust des Shuttles begann der fast vierhundertfünfundsechzig Meter lange Kreuzer den Orbit zu verlassen und in die Atmosphäre zu gleiten. Wenige Sekunden später beschrieb er eine weite, parabelförmige Kurve, deren Scheitelpunkt fünfzig Meter vom Sturm entfernt dem Shuttle am nächsten war, welches durch den Sturm bereits in eine Höhe von dreihundertsiebzehn Metern getragen wurde und dort in einer Zyklone neunzehn Meter im Sturm hin- und hergeschleudert wurde. Kurz bevor das Schiff sich wieder von der Wolke entfernte, tastete ein blauer, kegelförmiger Strahl nach der Edison.

"Ich kann das Shuttle nicht erreichen. Die Energieansammlungen neutralisieren die Wirkung des Traktorstrahls."

Plötzlich wurde das Schiff jäh aus seiner Flugbahn gerissen.

"Der Traktorstrahl hat einer Energiewelle als Träger gedient. Die Entladung hat den Primäremitter beschädigt."

Captain Night drehte sich zu seinem taktischen Offizier um. "Können wir es noch mal mit dem Sekundäremitter versuchen?"

"Wir müßten bis auf zehn Meter an das Shuttle heranfliegen, dann müssen wir verhindern, dass weitere Entladungen vom Strahl angezogen werden."

"Commander, übernehmen Sie die CONN und programmieren sie einen neuen Anflug. Lieutenant, versuchen Sie den Kontakt zur Edison so kurz wie möglich aufrecht zu erhalten. Es dürfte reichen, das Shuttle aus dem Zyklon zu reissen. Halten Sie sich bereit das Shuttle erneut zu erfassen, sobald es den Sturm verlässt."

"Ja, Captain."

"Gut. Commander, beginnen Sie mit dem zweiten Anflug."

Die Akula drehte sich erneut dem Sturm zu und beschleunigte. Während der Primäremitter für den leistungsstarken Traktorstrahl, eigentlich dafür vorgesehen, Schiffe oder kleine Meteoriten zu schleppen, in die untere Hülle des Diskus integriert worden war, hatte der Sekundäremitter seinen Platz auf der Unterseite des Kontrollturms am Heck des Schiffes, von wo aus Shuttles optimal in den hinteren Hangar gebracht werden konnten. Die Leistung dieses Traktorstrahls lag weit unter der des Primäremitters, doch es blieb ihnen derzeit keine andere Möglichkeit übrig.

"Noch dreißig Sekunden."

Eine Sequenz schriller Warntöne lenkte Lieutenant Rusas Aufmerksamkeit auf eine weitere Gefahrenquelle. "Vor uns bildet sich ein Energiewirbel."

"Ausweichmanöver!"

"Zu spät, Sir. Das Schiff reagiert zu träge."

"Brücke an alle. Vorbereiten auf ..."

Als sie die Wolkenfront erreichten, sackte das Schiff jäh ab. Commander Rayd versuchte, das Schiff wieder in eine stabile Fluglage zu zwingen. "Ich kann das Schiff nur sehr schwer steuern. Es scheint, als ob wir die Energie von den Atmosphärentriebwerken verlieren. Ich versuche es mit den Manöverdüsen – negativ."

"Wir verlieren Energie von allen Systemen," sagte Rusa. "Antrieb, Lebenserhaltung, Trägheitsdämpfer, Strukturelle Integrität, ..."

"Kompensieren!" Captain warf einen Blick auf den Hauptbildschirm, der ihnen nur noch ein unklares, unregelmäßig unterbrochenes Bild lieferte, doch was er sah, reichte aus: Sie drifteten genau auf das Shuttle zu. "Commander, versuchen sie unsere Flugbahn zu ändern. Schnell!"

"Ich kann nicht, Sir."

Das schwere Schiff der Akira-Klasse raste auf das zierlich wirkenden Typ-10-Shuttle zu. Der Captain machte sich auf die bevorstehende Zerstörung des kleinen Bootes bereit, doch in dem Moment, bevor das Shuttle erfasst wurde, schaltete sich der Bildschirm aus.

Hinter sich hörte er Rusas Stimme: "Schiffsenergie auf fünfzig Prozent gesunken und nimmt weiter ab."

Wieder wurde die Akula durchgeschüttelt.

"Der Diskus ist jetzt in der selben Zyklone gefangen, wie das Shuttle, doch aufgrund unserer Größe gibt es ein weiteres Problem," meldete sein erster Offizier. "Die Antriebssektion mit den Gondeln wird weiter vom Sturm mitgerissen. Dadurch, dass wir die Strukturelle Integrität verloren habe sind etliche Risse in beiden Holmen entstanden, bevor sie durch ihre Trägheit den Diskus wieder aus dem Zyklon gerissen haben. Ein unkontrollierte Bruch würde das Schiff zerstören"

"Schlagen Sie eine Teilung des Schiffes vor?"

"Ja, Sir. Der Diskus kann auch mit einem bestimmten Minimum an Energie notlanden."

Der Captain überlegte nicht lange. "Lieutenant Gurdeni, geben sie einen Evakuierungsalarm, solange das Komm-Netz noch funktioniert. Commander, bereiten Sie die Separation des Schiffes vor."

Ein durchdringender Alarmton hallte durch die Korridore und Räume des Schiffes.

"Schiffsenergie beträgt nur noch zehn Prozent."

"Trennen Sie den Diskus ab, Commander."

An dem Punkt, wo die Holme mit der Oberfläche des Diskus verbunden waren, schien sich eine große Hüllenplatte zu lösen. Doch dies war ein kontrollierter Abwurf. Die Holme und ein sie verbindendes Zwischenstück, das nur durch eine kleine Aussparung für die Brücke unterbrochen war, wurden von mehreren kleinen Schubdüsen vom Diskus weggeschleudert, der nun fast horizontal durch den Sturm geschleudert wurde. Kurz nach der Trennung lichteten sich die dunkelroten Wolkenschleier.

"Sir," sagte Rayd mit einem fröhlich klingenden Unterton. "Wir haben den Sturm hinter uns gelassen."

"Reicht die restliche Energie für eine Landung?"

"Durch die Separation bleiben uns noch zwei Prozent Energie, vier, wenn ich die Lebenserhaltung abschalte."

"Das ist ein Planet der M-Klasse. Wir belüften mit Frischluft, wenn wir gelandet sind. Leiten sie die Energie in die Trägheitsdämpfer. Reichen ihnen zwei Prozent, Commander?"

"Vor uns scheint ein Gewässer zu sein. Es wird zwar keine sanfte Landung, doch ich kann uns adäquat runter bringen."

"Dann will ich sie nicht davon abhalten."

Der Rest des Schiffes der Akira-Klasse schlug ungebremst auf der Oberfläche des Gewässers auf und wurde von den Wassermassen fast vollständig verschlungen. Nach einigen Sekunden tauchte er jedoch wieder auf.

Auf der fast lichtlosen Brücke rappelte sich Captain Night auf. "Statusbericht."

"Wir sind gelandet." Der Commander hielt sich die Hand auf die Stirn. Seine Stimme klang irgendwie anders als sonst.

Night drehte sich zu Lieutenant Rusa um, die sich gerade an einer Konsole vom Boden hochzog. "Ich hoffe, sie haben es etwas präziser."

Sie antwortete nicht, sondern legte den Kopf etwas schräg und sah ihren Captain an.

"Können Sie mich hören, Lieutenant?" fragte Rayd.

Ihr Blick wechselte zwischen Night und Rayd und ging dann zu einem anderen Brückenoffizier, der sich am Boden bewegte. Als Sie etwas sagen wollte, drangen nur eigenartige Geräusche aus ihrem Mund, die wie das Schluchzen eines Weinenden klangen.

"Scheint, als habe sie innere Verletzungen, Commander. Versuchen Sie, sie auf die Krankenstation zu bringen."

"Ich glaube nicht, dass wir ein Problem mit ihr haben, vielmehr mit allen Lebewesen an Bord."

"Wie meinen Sie das, Commander?"

"Können Sie sich noch an ihren Unterricht in Föderationsstandard erinnern, Sir?"

"Ja, aber ...", fing der Captain den Satz an. Doch dann verstand er, worauf sein Stellvertreter hinaus wollte. "Sie meinen doch nicht etwa, dass die Translatoren durch den Aufprall zerstört worden sind, oder?"

"Mir scheint, dass nicht genug Energie für die Universal-Translatoren vorhanden ist."

"Föderationsstandard also. Ich war noch nie gut in Fremdsprachen, aber vielleicht kriege ich simple Befehle noch hin." Er drehte sich wieder zu Rusa, die sich noch immer verstört auf die Konsole stützte und formulierte einen einfachen Befehl den Schiffsstatus betreffend.

"Nein, Sir", gab sie flüssig zurück. Scheinbar hatte sie besser aufgepasst. "Das letzte, was ich gesehen habe war, dass die Energiewerte auf unter ein Prozent gesunken sind, dann schaltete sich meine Konsole ab. Tut mir leid, Sir." Fügte Sie hinzu, als ob sie etwas dagegen hätte tun können.

"Dann öffnen Sie eine Luke und schauen Sie sich um."

"Aye, Captain." Die Deltanerin ging zum Turbolift und öffnete unter großen Anstrengungen die Tür. Danach öffnete sie den Dachzugang der Liftkabine, kletterte nach oben und versuchte das Hüllenschott zu öffnen, welches diesen Turboliftkanal mit externen Liftschächten wie denen einer Raumbasis verband, wenn das Schiff gedockt war. Als ihr dies gelungen war, kletterte sie weiter hinauf, bis sie auf der Außenhülle des Schiffes stand. Kurze Zeit später gesellten sich auch der Captain und der Erste Offizier zu ihr, um sich umzuschauen.

Der Diskus der Akula schwamm auf einem Meer, das von drei Seiten von einer großen Landmasse umgeben war. Ungefähr zehn Kilometer vor ihnen sank der Rest der Antriebssektion. Das Merkwürdigste jedoch war, dass sie den Sturm nicht wie vermutet durchquert hatten, sie steckten mittendrin. Aber von dieser Seite sah er ganz anders aus. Er war wie eine Kuppel, aber das dunkelrote, von gelben Blitzen erleuchtete Phänomen war von dieser Seite nicht mehr als ein Tanz weniger, grauer Wolkenschleier. Kein Blitz war zu sehen, statt dessen die Sonne.

"Was geht hier vor?," fragt Rusa mehr sich selbst.

"Etwas sehr seltsames," antwortete der Captain trotzdem.

 

Kapitel 2 - An Bord des Sternenflottenschiffes U.S.S. Silence

Commander Sherman Powell wußte nicht, der wievielte Planetoid dies war, den die Crew untersuchte. Sie befanden sich in einem entstehenden Planetensystem namens Crios 9. Um den maximal ein- bis zweitausend Jahre alten Protostern des Typs 4G, der sich gerade in der Dya-Phase seiner Entwicklung befand, hatten sich bereits vier Planetesimale gebildet. Zu dieser Vorform eines Planeten würde sich in den nächsten paar hundert Jahren ein fünfter gesellen, später möglicherweise ein bis zwei weitere, weit kleinere. In einigen Millionen oder sogar Milliarden Jahren würde einer von ihnen vielleicht erstes Leben hervorbringen, eine neue Kultur könnte, wenn die Umstände günstig genug stünden, binnen weitere Tausende Jahren einen ersten kühnen Schritt in einen neuen, feindlichen Lebensraum gehen – in das All. Dann würde es, in astronomischen Dimensionen, nicht mehr lange dauern, bis diese Kultur, die mit einer gewissen Bestimmtheit keine Ähnlichkeit mit Humanoiden haben würde, ihren ersten Warpantrieb einsetzen, um diesen feindlichen Lebensraum zu erkunden oder zu erobern.

Commander Powell überlegte, ob es zu diesem Zeitpunkt noch Menschen geben würde, die diesen Sprung aus der Präwarp-Kultur beobachten könnten. Unter den gegebenen Umständen hielt er dieses Wunschdenken für sehr unwahrscheinlich. Jedoch nicht wegen der begrenzten Lebensdauer stellarer Objekte. Selbst wenn zu diesem Zeitpunkt die Sonne des irdischen Systems sich zu einem Roten Riesen aufgebläht haben sollte und Leben auf der Erde somit unmöglich werden würde – die Föderation und mit ihr die Menschheit würden auch weiterhin existieren.

Gäbe es da nicht den einen oder anderen Faktor, der dies zunichte machen könnte.

Die Föderation befand sich derzeit im Krieg mit dem Dominion, einem aggressiven und herrschsüchtigen Völkerbund aus dem Gamma-Quadranten, angeführt von den Gründern, einer Rasse von Formwandlern, die möglicherweise Nachfahren jener Rasse sind, die ihre Gene vor ungefähr vier ein Halb Milliarden Jahren in der gesamten Milchstraße auf ausgewählten Planeten verteilt hatten, als sie dachten, ihre Existenz würde sich dem Ende nähern. Captain Geridon Borral stellte in einem Bericht an das Archäologische Corps der Sternenflotte die Theorie auf, dass sich diese Rasse innerhalb einer Zeit in eine dermaßen fortgeschrittene Existenz weiterentwickelte, dass sich ihre zelluläre Struktur mehr und mehr zu lösen begann und sie ihr weiteres Leben in einem zähflüssigen Zustand verbrachten. Zu Beginn muss diese neue Form des Daseins beängstigend auf diese Lebenwesen eingewirkt haben, so dass sie tatsächlich glauben mußten, sie würden aussterben. Vermutlich hatten sie für die Kontrolle über ihr flüssiges Äußeres genauso lange gebraucht, wie der Affe Zeit brauchte, aufrecht laufen zu lernen.

Doch nach Borrals Vorstellung brachte diese neue Gestalt nicht nur Vorteile. Von den übrigen zu der Zeit lebenden ‚festen‘ Lebewesen als Geister und Monstren kreuz und quer durch die Galaxis gejagt und getötet, schlossen sie sich schließlich zu der ‚Großen Verbindung‘ zusammen. Auf ihrem Weg von Stern zu Stern hinterließen sie Bruchstücke ihrer Gene in den Urozeanen einiger Planeten. Nach Jahrmillionen begannen sie mit Hilfe von genmanipulierten, humanoiden Untertanen, den Vorta und den Jem’Hadar, die Herrschaft über die Galaxie an sich zu reissen und sie von denen zu befreien, von denen sie einst fast ausgerottete wurden: den ‚Festen‘. Die Humanoiden fühlten Angst angesichts der Macht der Formwandler und Entsetzen angesichts ihrer Taten.

Vor einem Jahr kamen sie dann durch das bajoranische Wurmloch, verbündeten sich mit den Cardassianern, welchen sie beim Wiederaufbau ihres in Trümmern liegenden Imperiums halfen und fielen über die Quadranten Alpha und Beta her, wie Wölfe über eine Schafherde.

Die Föderation muss derzeit eine Niederlage nach der anderen hinnehmen, das Klingonische Imperium wird in den kommenden Wochen verstärkt an den Gefechten teilhaben. Und davon wird es noch genug geben, bevor eine Entscheidung fallen wird.

Und Captain Kallat, der sich im Moment wohl auf seine Schicht vorbereitete, hasste es, hier am Rande des Föderationsraumes durch Nebel und Steinbrocken fliegen zu müssen, während Tausende Lichtjahre hinter ihnen in Schiffen der Sternenflotte Freunde und Kollegen für ihre Heimat und für die Freiheit starben oder siegten.

Der Commander suchte sich eine bequemere Position auf dem Sessel der Brücke des Schiffes der Excelsior-Klasse. Nur noch etwas mehr als zehn Minuten, bis er den Sessel für seinen vorgesetzten Offizier räumen musste. Die Untersuchung der Steinbrocken schien sich länger und immer länger hinauszuzögern. In den zwölf Wissenschaftslabors arbeiteten in Schichten ununterbrochen Wissenschaftler und Experten an der Auswertung der Daten, welche die Silence mit Hilfe der fast dreißig ausgesetzten Sonden erhielt, doch kam es ihm so vor, als würden sie ihre Arbeit in die Länge ziehen. Wenn diese Mission – das Karthographieren der Ränder des Raumes der Föderation und das Erkunden potentieller Rohstoffquellen – in Friedenszeiten stattfinden würde, hätte die Silence sicherlich von mindestens einem anderen Schiff dieser kleinen, zehn Schiffe umfassenden Flottille Unterstützung bekommen, die Schiffe wären dann speziell für dieses System ausgerüstet gewesen – und wieder andere Schiffe, wie die Princeton, die Firebrand und die Akula, wären gar nicht dabei, und das nicht nur allein auf Grund der Tatsache, dass sich Kriegsschiffe erfahrungsgemäß nicht für Erkundungsmissionen eigneten.

Außer den drei Schiffen der Challenger-, Defiant- und Akira-Klasse und der Silence bestand die Flottille aus einem Schiff der neuen Galaxy-Klasse, der Discovery, einem Schiff der Astronomy-Klasse, der Sudakov, einer Nebula, der Lonesome Ranger, einem ehemaligen Konsularschiff der Empress-Klasse, der Pride und zwei Schiffen der Intrepid-Klasse, der Pathfinder, die nahe der Silence ein älteres Planetensystem untersucht, und der Traveller.

Die Schiffe der Definat- und der Akira-Klasse bildeten die Nachhut des bunt zusammengewürfelten kleinen Armada, obwohl sie schon die Systeme zugeteilt bekamen, bei denen die Aussichten auf Erfolg nahe null lagen. Die Princeton lag nur deshalb weiter vorn, weil sie ein System zu erkunden hatte, das nur aus einer Sonne und einem Gasriesen bestand, der binnen der nächsten zwei Millionen Jahre langsam in das Zentralgestirn stürzen wird. Dass Commodore Jenanai Meto den Kriegsschiffen nur solche Planetensysteme zuteilt, die sie auch mit ihren eingeschränkt wissenschaftlichen Eigenschaften zumindest befriedigend Untersuchen können, bedeutete aber auch, dass die anderen Schiffe die verbleibenden Systeme untersuchen mußten, weswegen die Silence jetzt in diesem Meer wirr umher wirbelnder Meteoriten die Suche nach Metallen, Legierungen und Rohstoffen durchführen musste. Er wünschte sich so sehr, dass demnächst eine Flotte Wissenschaftskreuzer der Miranda-Klasse hier auftauchen würde, um ihnen diese Mission zu erleichtern.

Das typische Zischen der Turbolifttür riss Powell aus seinen Überlegungen. Der Commander stand eilig auf und löste den Offizier an der wissenschaftlichen Station ab. Captain Kallat schritt langsam in die Mitte der Brücke, setzte sich jedoch nicht hin, sondern blieb hinter der T-förmigen, auch CONN genannten Konsole stehen, wo, anders als bei den meisten neuen Schiffen, Navigation und Schiffsteuerung noch getrennt bedient wurden. Der Pilot behielt den Kurs des Schiffes im Auge, der Navigator saß ruhig an seinem Platz. Beide wußten, dass der Captain ihnen über die Schulter schaute; das machte er jedesmal, wenn er die Brücke betrat.

Captain Kallat wollte sich gerade setzen, als sich der Funkoffizier, eine rothaarige, junge Frau, mit unsicherer Stimme meldete: "Captain, eine dringende Botschaft von der Discovery. Commodore Meto wünscht sie unter vier Augen zu sprechen."

"Stellen Sie durch, Fähnrich," klang die laute, rauhe Stimme durch das Kommandozentrum.

Die Anzeige auf dem Hauptbildschirm wechselte vom Meteoritenmeer zum unverwechselbaren Bereitschaftsraum eines Schiffes der Galaxy-Klasse, wo Commodore Meto recht überrascht erkannte, dass die Brückenoffiziere mithören konnten.

"Captain," begann die Orellianerin mit sanfter Stimme. "Ich hatte Sie gebeten, sich allein mit mir zu unterhalten. Warum sind sie auf der Brücke?"

"Da wir mit der Untersuchung dieses Planetensystems noch nicht fertig sind und unsere Berichte bis jetzt immer pünktlich geliefert wurden," donnerte der Bariton des Erianers der zierlichen Frau entgegen, "nehme ich an, dass es sich nur um einen Bericht über die siebte Flotte handelt. Wenn meine Annahme falsch ist, bitte ich Sie vielmals um Verzeihung, stimmt sie jedoch, halte ich es für richtig, dass meine Mannschaft unverzüglich darüber informiert wird."

"Jeder wie er es wünscht, Captain. Sie haben recht, was den Grund dieser Transmission betrifft, doch würde ich es bevorzugen, wenn Sie demnächst trotzdem meinen Wünschen etwas mehr Beachtung schenken würden."

"Aye, Ma’am."

"Gut. Ich werde es kurz machen. Es kehrten nur vierzehn Schiffe zurück, sechs werden vermisst. Bergungstrupps und Lazarettschiffe sind unterwegs. Die genaue Verlustliste lasse ich ihnen zukommen, sobald ich sie habe. Discovery Ende." Das violett geschuppte Gesicht wich wieder den weiten Ausläufern dieses jungen Planetensystems. Für jeden in diesem Raum bedeutete das eben gehörte, dass es schlimmer um die Föderation stand, als bisher angenommen.

Der Captain wußte, dass seine nächsten Worte die Brückencrew auf andere Gedanken bringen sollten, doch er wußte nicht, wie er es anstellen sollte. Außer seinem Stellvertreter waren ausnahmslos Fähnrichs um ihn herum. Seine ursprüngliche Crew wurde, wie die der anderen neun Schiffe, größtenteils auf Schiffe nahe der Front versetzt, und sie erhielten frisch gebackene Offiziere. Für die meisten auf diesem Schiff war dies hier die erste Mission.

"Hatte jemand von ihnen Verwandte auf einem der Schiffe?," fragte der Erste Offizier.

"Ja, ich, Sir," meldete sich eine zittrige Stimme. "Meine Mutter war auf der Daniel Boone."

Kallat widerstand dem Impuls, sich umzudrehen. Er wußte auch so, dass die junge Frau an der Funkstation Tränen in den Augen hatte, die sie zu unterdrücken versuchte.

"Wie lange geht Ihre Schicht noch?," fragte Powell weiter.

"Noch etwas weniger als zwei Stunden, Sir."

"Fähnrich Selin, übernehmen Sie die Kommunikation und schalten Sie Ihre Kontrollen zu Fähnrich Grobel. Fähnrich Corwin, gehen Sie in ihr Quartier und ruhen Sie sich ein wenig aus."

"Danke, Commander."

Die vulkanische Navigatorin übergab Anzeigen dem Piloten neben ihr, schaltete ihre Konsole auf Stand-By und ging zur Kommunikationskonsole. Nachdem sich die Türen des Turbolifts hinter Fähnrich Corwin geschlossen hatten, herrschte wieder die übliche Stille auf der Brücke der Silence, selbst das allgegenwärtige Summen der Maschinerie wirkte leiser. Captain Kallat wand sich seinem Stellvertreter zu, sagte aber kein Wort. Statt dessen aktivierte er einen schiffsinternen Komm-Kanal. "Captain Kallat an die Mannschaft der U.S.S. Silence. Ich weiss, dass seit Wochen nur eine Frage unsere Gedanken beherrscht: Werden wir dem Dominion zum Opfer fallen? Um diese Frage zu verneinen wurde die siebente Flotte ausgesandt. Die Gerüchteküche ist sicherlich schon am brodeln und alles, was sie bisher gehört oder erfahren haben mögen, war sicherlich nicht so schlimm, wie die Wahrheit. Commodore Meto hat mich soeben informiert, dass nur vierzehn Schiffe den Kampf überstanden haben. Mir selbst ist noch keine genaue Verlustliste bekannt, deshalb ermahne ich sie, Verwandte und Freunde nicht sofort zu betrauern; das wäre das Falscheste, was sie jetzt für sie tun könnten. Um neunzehn Uhr werde ich die Liste bekanntgeben und im Anschluss daran werden ich eine kleine Gedenkfeier in Frachtraum sieben in die Wege leiten lassen. Kallat Ende."

Laut sagte er dann zu seinem Ersten Offizier: "Commander, ich wünsche, dass sie nach dem Ende ihrer Schicht die Räumung des Frachtraumes überwachen. Lassen sie einen Bildschirm an einer Wand aufstellen."

"Ja, Captain."

Der Rest der Schicht verlief so ereignislos wie jede bisherige, seit sie Crios 9 untersuchten. Gegen sieben Uhr abends wurde die Arbeit an den meisten Stationen unterbrochen und der Großteil der Crew versammelte sich in dem leeren Frachtraum auf Deck sechzehn. Commander Powell hat eine kleine Tribüne aufbauen lassen, an deren rechter Seite ein Pult aufgestellt worden war, hinter dem nun der Kommandant der Silence stand. Am linken Ende der Tribüne hing eine Fahne mit dem Emblem der Vereinigten Föderation der Planeten, doch das Hauptaugenmerk lag auf dem fünf Meter breiten und drei Meter hohen Bildschirm in der Mitte.

Gedämpftes Gemurmel füllte den Raum. Etwas nach neunzehn Uhr erhellte sich der Bildschirm und zeigte das Siegel der Sternenflotte. Fast sofort verstummten die Stimmen im Saal und Kallat begann mit seiner Rede: "Ich weiss nicht, wer von ihnen jemanden gekannt hat, der auf einem der Schiffe Dienst tat, die vor einigen Tagen als siebente Flotte in den Cardassianischen Raum aufbrach. Ich habe sie schon vor einigen Stunden vom Ausgang dieses Unternehmens wissen lassen. Deswegen werde ich jetzt keine weiteren Worte verschwenden und die Verlustliste bekanntgeben."

Das Symbol der Sternenflotte verschwand und zeigte nun einhundertzwölf Schiffsnamen. Am Anfang standen die vierzehn, die zurück gekommen sind, danach die sechs Schiffe, die vermisst werden. Den Abschluss bildeten die zweiundneunzig Schiffe, die nicht aus eigener Kraft in den Raum der Föderation zurückkehrten. Die Besatzung des Schiffes starrte auf die Anzeigetafel. Menschen und Außerirdische, die meisten gerade erst von der Akademie graduiert, fanden Trost bei Freunden.

Der Captain wollte gerade mit seiner Ansprache fortfahren, als sein Insignienkommunikator piepste. Er klopfte auf das kleine Gerät. "Kallat."

"Lieutenant Beyer hier. Ich habe eine dringende Mitteilung von Commodore Meto. Soll ich sie nach unten durchstellen?"

"Ja, aber nicht in den Frachtraum. Ich nehme sie im Korridor entgegen. Kallat Ende"

Der Commander, der gesehen hatte, dass sein Vorgesetzter mit jemandem sprach, trat zum Captain, nachdem Kallat ihn zu sich gewunken hatte.

"Commander, der Commodore will mich sprechen. Ich bitte Sie, die Rede zu Ende zu bringen."

"Aye, Sir."

Kallat verließ den Frachtraum, ging zu einer Konsole an der gegenüberliegenden Wand und stellte eine Verbindung zur Funkstation auf der Brücke her. "In Ordnung, Lieutenant. Stellen Sie durch."

Zum zweiten Mal an diesem Tage sah er das violette, schuppige Gesicht der Orellianerin auf dem Bildschirm. Zufrieden registrierte sie, dass dieses Mal kein Mitglied der Crew zuhören konnte. "Captain, Ich habe seit vier Stunden keinen Bericht mehr von der Akula erhalten. Versuche, eine Funkverbindung aufzubauen schlugen fehl. Da Sie das nächstgelegene Schiff kommandieren, habe ich Sie trotz der Tatsache ihrer recht umfangreichen Mission ausgewählt, so schnell wie Ihnen möglich nach Beta Chorom zu fliegen und die Akula zu suchen. Discovery Ende." Ohne ihm die Möglichkeit einer Antwort zu lassen, unterbrach sie die Verbindung.

Kallat dachte daran, die Trauerfeier in dem Frachtraum zu unterbrechen. Statt dessen ging er jedoch zum Turbolift und fuhr zur Brücke, auf der nur drei Offiziere waren. Je ein Fähnrich saß an der Wissenschaftlichen Station und an der Schiffsteuerung und rechts neben dem Turbolift Lieutenant Beyer an der Kommunikation. Diese drei wurden ausgewählt, weil sie weder Verwandte noch Bekannte verloren hatten.

Kallat kannte die beiden Fähnriche nicht, so sagte er in den Raum: "Wie lange würde es dauern, die laufenden Untersuchungen zu beenden?"

Der Fähnrich an der Wissenschaftlichen Konsole überprüfte eilig die erhaltenen Daten und verglich sie mit dem zu Beginn der Mission erstellten Programm. "Zweiundzwanzig Minuten, Sir."

"Gut. Informieren Sie die Labore, keine weiteren Messungen anzufangen." Kallat ging zur CONN. "Und Sie setzen einen Kurs zum Beta Chorom-System. Maximale Warpgeschwindigkeit, sobald wir Crios neun verlassen haben. Wie lange wird der Flug dauern?"

"Der Warpflug dreizehn Minuten, Captain. Aber wir können das Planetoidenfeld nur mit den Manövertriebwerken verlassen. Das wird etwa eine halbe Stunde dauern."

Kallat wand sich wieder an den Wissenschaftsoffizier: "Müssen wir unsere derzeitige Position beibehalten, um die laufenden Scans zu vollenden?"

"Nein, Sir."

"Na, bestens. Setzen Sie einen Kurs, der uns mit den Manövriertriebwerken so schnell wie möglich aus diesem System bringt, gehen Sie dann auf Maximum Warp. Ausführen."

"Aye, Captain. Wir werden in achtundzwanzig Minuten auf Warp neun Komma acht zwei gehen. Erreichen den äußeren Rand des Systems Beta Chorom also in ungefähr einundvierzig Minuten."

Auf dem Weg in das Planetensystem ließ er sich die Daten, die die Akula gesammelt hatte, von der Discovery überspielen und im Wissenschaftslabor der stellaren Kartographie auswerten. Der Captain blieb die gesamte Zeit über auf der Brücke und kehrte nicht wieder zu der Gedenkfeier zurück. In Gedanken rügte er sich für dieses, einem Captain unwürdiges Verhaltens. Sein Erster Offizier kam nach Beendigung der Gedenkfeier zu ihm und fragte nach dem Grund des Missionsabbruch. Während ihm sein vorgesetzter Offizier die Situation erläuterte, erreichte die Silence den äußersten Planeten des Beta Chorom-Systems. Der Gasriese, den sie passierten war einer der sieben Planeten, die stetig ihre Bahnen um die kleine gelbe Sonne im Zentrum zogen.

"Ich orte eine Plasmaspur. Warpsignatur stimmt mit den gespeicherten Daten über die Akula überein," sagte Powell, der wieder an der Wissenschaftlichen Station saß. "Die Daten werden an die CONN weitergeleitet."

"Geben Sie den Kurs ein, Fähnrich. Voller Impuls."

"Kurs gesetzt."

"Die stellare Kartographie ist mit der Datenauswertung fertig," meldete Powell. "Sie melden eine Diskrepanz zwischen den unsrigen Informationen und den Forschungsergebnissen, die der Dicovery übermittelt wurden. Nach den Angaben der Akula hat Beta Chorom acht Planeten."

"Das ist höchst merkwürdig. Ich glaube nicht, dass Captain Night sich verzählt hat. Commander, sehen sie sich den letzten Forschungsbericht an, der von der Akula gesendet wurde."

"Zuletzt sondierten sie Beta Chorom eins. Durchschnittliche Entfernung vom Stern fünfundvierzig Millionen Kilometer, Äquatordurchmesser zwei ein Halb tausend Kilometer, keine Atmosphäre," las Powell knapp einige der Daten vor, die auf dem Bildschirm vor ihm angezeigt wurden. "Sie flogen dann weiter zu Beta Chorom vier, doch laut unseren Daten wäre die nächst logische Wahl Beta Chorom drei gewesen."

"Wird irgendein Grund genannt, von der Route abzuweichen?"

"Nein, Captain."

"Fähnrich, Kurs setzen auf Beta Chorom eins, danach weiter der Plasmaspur folgen. Commander, achten Sie auf ungewöhnliche Werte oder Anomalien."

Das Schwere Wissenschaftsschiff der Excelsior-Klasse schwebte kurz im Orbit um den Planeten, der kleiner war als mancher Mond, ehe es auf einen Kurs schwenkte, der es zu einem Punkt brachte, an dem es laut der Sensoren nichts außergewöhnliches gab – außer dass die Plasmaspur, eine ‚Fährte‘ ionisierten Gases, die jedes Raumschiff, das mit Impulsantrieb flog, hinterließ, mitten im Weltraum aufhörte.

"Voller Stopp. Commander, ist die Akula auf Warp gegangen?"

"Nein, Sir. Die Spur hört einfach auf. Keine Anzeichen auf Traktorstrahlen, Transwarptunnel oder natürliche Phänomene, die ein Raumschiff schlucken könnten, wie Wurmlöcher."

Selin, die wieder an der Navigation Platz genommen hatte, warf plötzlich ein: "In Anbetracht der Effizienz romulanischer oder klingonischer Tarnvorrichtungen bei kleinen Objekten wie Schiffen ist eine neunundneunzig Komma sieben vier prozentige Tarnung bei Unterlichtgeschwindigkeit denkbar, doch sehr unwahrscheinlich. Gewißheit über den Einsatz einer Tarnvorrichtung würde ein Ebene neun Tachyonenscan geben."

"Für einen so gründlichen Scan müssten wir sehr nahe an die Quelle heran."

Dem Commander schien diese Idee zu gefallen: "Ich kann bis jetzt noch keine Gefahr erkennen. Die Akula wird vermisst, Anzeichen für Waffengefechte gibt es keine."

Kallat überlegte eine Weile, ehe er, mit Blick zu seinem Stellvertreter befahl: "Beginnen Sie mit dem Scan. Fähnrich, bringen Sie uns bis auf fünfhundert Meter an das Ende der Spur."

Während der Fähnrich, seinen Namen hatte Kallat immer noch nicht erfahren, das Schiff vorsichtig relativ nahe an ein unbekanntes Rätsel im Weltraum steuerte, beobachtete Kallat genau seine Bewegungen. Er schaute recht oft zum Hauptschirm, was ihm in diesem Fall gar nichts brachte. Er sollte sich lieber auf seine Kontrollen verlassen. Seine Bewegungen waren steif, er musste den Kurs einmal korrigieren, und seine Hände schienen zu zittern. Er dachte darüber nach, Powell die Kontrolle über das Schiff zu überlassen, doch er hatte noch immer die letzten Worte seines Ersten Offiziers im Ohr und so ließ er dem Fähnrich dieses Mal noch ein wenig Spielraum. Irgendwann musste er mit Konfliktsituationen umgehen, warum soll er nicht jetzt ein bisschen üben?

"Ich registriere einen raschen Anstieg der Gravitation, Quelle unbekannt", meldete Powell.

"Kompensieren, Fähnrich", sagte der Captain. Die verkrampfte Haltung des Piloten machte ihm immer noch Sorgen. "Halten Sie das Schiff ruhig und entspannen Sie sich ein wenig."

Doch da war es schon geschehen. Trotz seiner vierjährigen harten Ausbildung an der Akademie, die ihn eigentlich mit seiner Station vertraut machen und den Umgang mit schwierigen Situation lehren sollte, machte er einen Fehler. Nichts schwerwiegendes und er registrierte es auch sofort, doch diesmal konnte er es nicht korrigieren. Er hatte die Koordinaten für einen Kurs entgegen ihrer bisherigen Flugrichtung zur Aufhebung der auf das Schiff wirkenden Gravitationswirkung eingeben müssen, übernahm jedoch den zuvor eingegebenen Kurs mit einer Funktionstaste und vergaß, eine weitere Taste zu betätigen, die diesen Kurs um einhundertachtzig Grad änderte, bevor er die Manöverdüsen aktivierte. Im interplanetaren Raum bei einem Manövertraining würde dieser nicht einmal eine Sekunde andauernde Fauxpas sicherlich keinem Auffallen, vor allem deshalb, weil es eine gewisse Zeit brauchte, bis dieses schwere Schiff in Fahrt kam, doch in der Nähe der Gravitationsquelle unbekannter Art war die Situation vollkommen anders. Das Schiff bewegte sich wenige Zentimeter nach vorn, die Gravitation nahm mit einem großen Exponenten zu und bevor der Fähnrich den Gegenkurs eingegeben hatte, wurde die Silence um mehrere Meter in Flugrichtung gezogen. Innerhalb eines Bruchteils einer Sekunde war der fünfhundert Meter lange Sicherheitsabstand nicht mehr existent und das Schiff durchbrach eine unsichtbare Mauer.

Für einen Außenstehende musste es so aussehen, als wenn das Schiff der Excelsior-Klasse Millimeter für Millimeter im Weltall verschwand, während der Raum um sie herum – oder vielmehr das Licht der Sterne, die Lichtjahre hinter dem Sternenflottenkreuzer strahlten – zu wabern schien, doch für die Offiziere auf der Brücke tat sich eine Tür zu einer verborgenen Welt auf, als die Silence in die Atmosphäre von Beta Chorom vier eintauchte.

"Die Schilde aktivieren. SOFORT! Einen Notruf senden", schrie der Captain, während er den verdutzten Fähnrich aus dem Pilotensitz stiess und selbst die Kontrollen übernahm. Er sah sofort, dass der Einsatz der Manöverdüsen ihnen jetzt nicht mehr viel brachte, sie bewegten sich mit fast dreißigfacher Schallgeschwindigkeit auf die Oberfläche des Planeten zu. Er aktivierte entgegen besseren Wissens die Impulstriebwerke und versuchte, das Schiff, das nicht über Atmosphärentriebwerke verfügte, weil es niemals in eine Atmosphäre eindringen sollte, wenigstens abzubremsen.

Ein Knirschen und Kreischen zog durch den Rumpf, der von einem Moment zum nächsten einer Belastung ausgesetzt wurde, für die es nicht konstruiert wurde. Es gelang dem Captain, die Fallgeschwindigkeit um achtundneunzig Prozent zu reduzieren und den Winkel, mit den sie sich der Oberfläche näherten stark abzuflachen.

Doch das alles brachte sie nicht weiter, denn sie flogen auf eine kuppelförmige Wolkenformation zu und auch trotz der Tatsache, dass sie jetzt mit Unterschallgeschwindigkeit flogen, so gab der Kontakt mit der unruhigen Wolkenfront dem Schiff den Rest. Der Rumpf wurde ruckartig nach backbord gerissen, begann sich erst um die Längsachse, dann auch noch um die Querachse zu drehen. Die Steuerbordwarpgondel wurde von ihrem Pylon gerissen und verbog sich im Sturm, bevor sie in einer kurzen Explosion gänzlich zerstört wurde.

Plötzlich durchbrachen sie die Wolken auf der anderen Seite, aber das Schiff taumelte noch immer ohne Kontrolle. Mit einem lauten Krachen stürzte die Silence kopfüber auf dem harten Boden einer hufeisenförmigen Insel. Der vordere Teil des Diskusses brach weg und schleuderte über die Insel, die verbliebene Warpgondel verhakte sich an einem Felsvorsprung und wurde zur Hälfte aufgerissen, bevor sie mit einem Ruck vom restlichen Schiff abgerissen wurde und in einen nahe gelegenen Wald rollte. Nachdem der Schiffskörper einige Kilometer über teils bewaldeten, teils kahlen Boden geschlittert war, kam er am Fuß eines Berges zu stillstand.

An Bord des Sternenflottenschiffes U.S.S. Akula – wenige Minuten zuvor

Ruhig trieb der energielose Rest des Raumschiff im Meer einer unbekannten Welt. Wellen schlugen gegen die Außenhülle. Von der nahen Küste der sichelförmigen Insel drangen die Laute unbekannter Lebewesen zu ihnen hinüber. Auf der Außenhülle des Schiffes standen Besatzungsmitglieder, die die versiegelten Schotts der Turboliftröhren und Gänge, die den Diskus mit der Antriebssektion verbunden hatten, aufgebrochen hatten. Der Diskus lag, wie von den Entwicklern geplant, bis zur Shuttlerampe im Wasser, so dass eine Evakuierung des Schiffes durch die drei großen Tore am Bug und den zwei weiteren am Heck möglich war. Captain Night jedoch, der zusammen mit Commander Rayd und zwei weiteren Führungsoffizieren, der Chefingenieurin Emily Shou und dem Taktischen Offizier Felix Gurdeni im Besprechungsraum der Akula saß, hatte sich gegen die Aufgabe des Schiffes entschieden. Der Bordarzt der Akula war nicht zugegen, da er sich noch um die Verwundeten zu kümmern hatte. Bisher hatten sie vierzehn Tote zu beklagen.

"...wir könnten einige Teams ans Ufer bringen. In den Rettungskapseln sind Paddel. Wir sollten uns die Insel ansehen, für den Fall, dass wir hier nicht mehr weg kommen", sagte Lieutenant Gurdeni in Föderationsstandard.

Der Captain sah aus dem Fenster, das ihm den Blick auf eine idyllische, grasbewachsene Felslandschaft bot, auf der ab und zu ein kleines Wäldchen wuchs. Obwohl dieses Bild ungewöhnlich auf einen Mann wirkte, der einen Großteil seines bisherigen Lebens im Weltraum verbracht hatte, und das schon bevor er auf die Akademie ging, hatte es eine beruhigende Wirkung. "Nein. Wir sollten uns derzeit nicht trennen. Die Strömung treibt uns wahrscheinlich in den nächsten Stunden aus dem Meer in Richtung des Sturms. Wenn wir ihn dieses Mal durchqueren, werden wir zwar durchgeschüttelt, doch bin ich der Ansicht, dass wir auf der anderen Seite eine bessere Chance haben, entdeckt zu werden. Vorausgesetzt, der Sturm sieht noch immer von der anderen Seite so aus, wie wir ihn gesehen haben."

"Captain!"

Night drehte sich um. Die Stimme kam aus dem Gang hinter ihm und wenig später kam eine junge Frau durch die offenstehende Tür. "Sir, sie haben uns gefunden."

Etwas später standen die Führungsoffiziere außerhalb des Schiffes und starrten in die Richtung, in die alle Anwesenden sahen. Doch das, was sie sahen, erfreute sie gar nicht. Sie verließen gerade ein aufgebrochenes Schott, als der schlanke Schiffsrumpf einer Excelsior in den Sturm raste und wie ein Laubblatt umher gewirbelt wurde. Eine Warpgondel wurde abgerissen und explodierte ungewohnt schwach wenige hundert Meter vom Rest des Schiffes entfernt. Es fehlte ihr an Energie für die übliche, starke Detonation, die folgte, wenn eine fehlfunktionierende Gondel in einem Feuerball zersprang. Sekunden später schlug das Schiff mit einem ohrenbetäubendem Lärm tief im Inneren der hügligen Insel auf. Vögelschwärme flogen in den Himmel und stoben auseinander. Die Offiziere auf der Akula sahen ein großes Teil des Diskusses, der noch einmal hinter der Hügelkette auftauchte.

Und dann war es vorbei. Gespenstische Stille folgte dem Donnern des Absturzes des mehreren hundert Meter langen Raumschiffes; dem zweiten, das dieser Planet binnen weniger Stunden den weiteren Flug durch die Leere des Weltraums verwehrte.

"Stellen Sie mehrere Teams zusammen, Lieutenant. Sie bekommen ihre Chance, die Insel zu sehen."

Wenige Minuten später wurden mit reiner Muskelkraft drei Rettungskapseln aus ihren Startbuchten gehievt, modifiziert und als behelfsmäßige Boote zu Wasser gelassen. Lieutenant Gurdeni hatte das Kommando. Er, ein Chief Petty Officer und der Leitende Medizinische Offizier, Doktor Richard Hobbs, befanden sich in einem Boot, in einem anderen saßen ein weiterer Master Chief Petty Officer und zwei Sanitäter, in dem dritten ein Lieutenant und zwei Fähnriche. In geringem Abstand ruderten sie auf die Küste zu, von wo sie sich dann zu Fuß weiter in Richtung der abgestürzten Excelsior begaben. Der Weg war beschwerlich und an manchen Stellen mussten sie wieder ein Stück des Trampelpfades, den sie sich schufen, zurückgehen, da ein Weiterkommen ohne die Annehmlichkeiten eines Phasers unmöglich war. Als ein Chief Petty Officer einen kleinen Berg hinauf kletterte, um sich umzusehen, sah er zwar das Wrack, aber auch, dass sich der schwimmende Diskus schon sehr nahe vor dem ‚Ausgang‘ dieses Mysteriums befand. In diesem Moment wurde ihnen klar, dass sie nicht mehr rechtzeitig zurückkehren würden können, so befahl Gurdeni, weiter zum Schiff vorzudringen, um dort einen Platz zu finden, bis der Captain eine Rettungsmannschaft schicken würde.

Was Gurdeni nicht beachtete, war eine fast drei Meter hohe Kreatur, die trotz ihres dichten Fells an eine agile Echse erinnerte und mit zehn weiteren seiner Art die neun Mitglieder der Sternenflotte schon seit Betreten der Insel beobachtete.

 

Kapitel 3 - An Bord des Sternenflottenschiffes U.S.S. Pathfinder

Als die Alarmtonsequenz auf der Brücke ertönte, wusste Lieutenant Orotal für einen Moment nicht, was zu tun war. Die junge Herinerin hatte in der Nachtschicht das Kommando über das Scoutschiff und war von noch unerfahreneren Fähnrichen umgeben. Vor einigen Stunden war schon einmal eine solche Sequenz zu hören gewesen. Zu der Zeit war es eine Transmission von Commodore Meto gewesen, der den Captain sprechen wollte. Sie hatte die Nachricht nur durchstellen lassen müssen und die Schicht ging ruhig weiter. Und jetzt nahm sie an, dass wieder eine Mitteilung von der Discovery eingetroffen war, doch statt dessen meldete ihr ein männlicher Fähnrich: "Ein Notruf von einem unserer Schiffe aus dem Beta Chorom-System, Ma’am."

"Brücke an Captain Siner", rief sie laut. Viel lauter, als sie eigentlich wollte.

"Was gibt’s?"

"Wir haben eben einen Notruf erhalten, Sir."

"Haben Sie schon einen Kurs gesetzt?"

"Nein, Sir. Ich dachte..."

"Dann tun Sie’s endlich", unterbrach er sie schroff. "Siner, Ende."

"Sie haben es gehört", sagte Orotal zum Fähnrich an der CONN. "Maximaler Warpfaktor."

"Aye, Ma’am. Kurs gesetzt."

"Energie", befahl sie ganz im Stil eines anderen Raumfahrers, von dem sie schon eine Menge belesen und gehört hatte, und der ihr großes Vorbild war.

Die Warpgondelpylonen des Schiffes der Intrepid-Klasse schienen in der Mitte nach oben zu knicken, bevor das Schiff beschleunigte und in einem schillernden Blitz verschwand.

An Bord des Sternenflottenschiffes U.S.S. Firebrand

Fast eintausend Lichtjahre von Beta Chorom entfernt durchflog das kleine Schiff das System BK-5478 auf dem Weg zu einem Mond, auf dem eine Klasse-IV-Sonde Diliziumrückstände geortet hat. Auf der kleinen, eher länglichen als breiten Brücke taten nur drei Offiziere Dienst. Captain Stephen Morow saß auf dem Sessel im Zentrum, Commander Carola Dimmlein an der kleinen Wissenschaftlichen Station und an der CONN Lieutenant Arthur Johnsson. Ein Schiff der Defiant-Klasse wie dieses hatte durchschnittlich eine Besatzung von vierzig, doch bei dieser Mission hatte es sechs Offiziere und elf weitere Sternenflottenangehörige mit Mannschaftsdienstgraden. Die Hälfte der meisten Lagerräume waren bis oben hin mit Hüllen für Sonden der Klassen eins und vier, sowie Hüllen für Quantentorpedos, die auch als Sonden modifiziert werden können, gefüllt. In der anderen Hälfte waren die Antriebs- und Sensorkomponenten für die Sonden gelagert.

Wenn sich Morow vorstellte, wie viele Schiffe der Jem’Hadar und der Cardassianer er mit der Anzahl an Torpedos auf seinem Schiff vernichten könnte, bedauerte er es, nicht Teil der siebten Flotte gewesen zu sein, trotz ihrer fast vollständigen Vernichtung. Doch realistisch gesehen, hätte dieser massige Vorrat an Torpedohüllen auf diesem Schiff nicht viel gebracht. Die Hüllen müßten, nachdem die Standardanzahl der Quantentorpedos eines Schiffes der Defiant-Klasse verbraucht worden war, von den Lagerräumen zu den Werfern gebracht werden, wo sie mit Materie und Antimaterie beladen werden, bevor sie auf den Feind abgefeuert werden können. Mit der jetzigen Crew würde dies viel zu lange dauern.

Außer ihm wußten nur die beiden anderen Brückenoffiziere vom Ende der siebenten Flotte, und ihre Schicht würde bald zu Ende sein. Dann würde es das ganze Schiff erfahren und die dann sinkende Leistung der jungen Crew befürchtete Morow schon jetzt.

Er machte sich Gedanken, wie er es der Mannschaft beibringen könnte, als ein kurzer, aus drei hohen, sich wiederholenden Tönen bestehender Alarm die monotone Stille auf dem Kommandozentrum unterbrach. Commander Dimmlein unterbrach eine Messung und rief sich die Ursache für den Alarm auf eins ihrer Displays.

"Es ist eine allgemeiner, automatischer Notruf von der Silence aus dem Beta Chorom-System."

"Stellen Sie eine Verbindung mit der Discovery her und senden ihr die bisher ermittelten Daten. Lieutenant, setzen Sie einen Kurs zum Beta Chorom-System, Maximum Warp."

"Aber wir befinden uns noch in einem Planetensystem."

"Haben Sie ein Problem damit, Lieutenant?"

"Nein, Captain. Kurs ist gesetzt."

"Dann bringen Sie uns hin."

"Aye. Geschätzte Ankunft in vier ein Halb Stunden."

Von der um das Schiff herum entstehenden Warpblase wurde die Firebrand scheinbar in die Länge gezogen wie ein Gummiband. Als die Blase komplett aufgebaut war, raste sie an ihrem ursprünglichen Ziel, dem kleinen Mond, in dem sich unter Umständen natürliche Diliziumlager befanden, vorbei und tauchte in eine Raute aus Licht ein, als sie die Lichtmauer durchbrachen.

An Bord des Sternenflottenschiffes U.S.S. Pathfinder

Den Sessel des kommandierenden Offiziers nahm jetzt wieder Captain Tim Siner ein. Er hatte Kontakt zum Commodore aufgenommen und erfahren, dass die Silence der Akula zu Hilfe kommen sollte, die sich seit Stunden schon nicht mehr meldete. Des Weiteren erfuhr er, dass die Firebrand ebenfalls auf dem Weg in das System sei, das innerhalb weniger Stunden zwei Schiffen zum Verhängnis geworden ist und dessen äußersten Planeten sie gerade passierten. Er hatte seinem Steuermann befohlen, das System auf dem selben Weg zu durchfliegen, wie die Schiffe vor ihnen, doch schon bald trennten sich die Plasmaspuren. Anhand der Warpsignaturen erkannten sie, dass die Akula weiter von Planet zu Planet geflogen war, während die Silence einen direkten Kurs auf den Sonnennächsten Planeten genommen hatte. Da sich die Spuren ab diesem Planeten wieder vereinten, nahm auch die Pathfinder den direkten Kurs und folgte dann weiter beiden Spuren bis zu einem Punkt im Weltraum, an dem sie plötzlich aufhörten. Einen Kilometer vor diesem Punkt wies er den Piloten an, das Schiff zu stoppen.

Siner holte sich Informationen von seinen Brückenoffizieren ein, doch keine war schlüssig. Er ließ eine Klasse-I-Sensorensonde startklar machen und mit fünfzig Metern pro Sekunde abschießen. Die Sonde registrierte ein schnelles ansteigen der Gravitation, die ihren Flug beschleunigte, ohne dass der Offizier an der Wissenschaftlichen Station viel dagegen hätte unternehmen können. Nach zwölf Komma neun eins Sekunden verschwand die Sonde. Doch als sie verschwand, waberte der Raum um sie herum.

"Eindeutig eine Art Tarntechnologie", flüsterte ein Junior-Lieutenant von der freistehenden Station hinter den beiden Führungsoffizieren ehrfürchtig.

"Die Sonde hat weiter Daten gesendet, Sir. Sie ist in eine Atmosphäre eines Klasse-K-Planeten eingetreten, in der sie verglüht ist."

"Haben wir noch planetare Sonden an Bord?"

"Nein, Sir", meldete der Wissenschaftsoffizier. "Wir haben sie alle bei den letzten siebzehn Planeten zurückgelassen, um mehr Informationen zu sammeln. Und als der Notruf kam, hatten wir nicht die Zeit alle einzusammeln."

"Keiner hätte auch gedacht, dass wir hier auf einen getarnten Planeten stossen", sagte Siners bolianischer Erster Offizier, Commander Thob.

"Modifizieren Sie einen Photonentorpedo, Lieutenant."

"Eine Sonde Klasse 8 oder 9 kann nicht effektiv in einer Typ-K-Atmosphäre operieren, Sir."

Thob fragte Orotal, die an der CONN saß: "Trauen Sie sich zu, ein Shuttle durch eine so dicke Atmosphäre zu steuern, Lieutenant?"

"Ja, Sir", kam prompt die Antwort und die junge Herinerin wollte gerade aufstehen, als der Captain ihr befiehl, sitzen zu bleiben.

"Ich werde kein Shuttle in die Lufthülle eines unbekannten Planeten schicken, der getarnt worden ist, wenn die Möglichkeit besteht, das Schiff in einer Atmosphäre zu manövrieren. Da die Pathfinder dies jedoch kann, werden wir dies auch tun. Lieutenant, Sie trauen sich zu, ein Shuttle durch die Suppe zu fliegen, so werden Sie sicherlich auch mit dem Schiff fertig. Wir wissen nicht, was uns dort erwartet. Ein Klasse-K-Planet ist keine sehr gastfreundliche Welt. Die Tatsache, dass jemand einen solchen Planeten vor anderen zu verbergen versucht ist für mich Grund genug, misstrauisch zu sein. Somit lautet mein nächster Befehl: Alarmstufe Blau für alle Decks!"

Überall auf dem Schiff begannen blaue Lampen als Zeichen für ungewöhnliche Schiffsoperationen zu leuchten. Auf Schiffen der Intrepid-Klasse bedeutete dies die Landung auf einem Planeten, auch wenn der Captain im Moment nur einen Flug in der Atmosphäre plante. Während das Plasma aus den Gondeln ausgestossen wurde, zündeten die Manövertriebwerke kurz und gaben dem Schiff den nötigen Schub. Kurz darauf war von dem dreihundertundvierundvierzig Meter langem Schiff nicht mehr als die sich schnell abkühlende und verflüchtigende Wolke des abgelassenen Warpplasmas übrig.

An Bord des Sternenflottenschiffes U.S.S. Firebrand

Captain Morow hatte einen anderen Raumsektor zugeteilt bekommen als die Akula, die Silence oder die Pathfiner und kam aus einer anderen Richtung auf das System Beta Chorom zu. Er wollte schon den Befehl geben, nach den Plasmaspuren oder Warpsignaturen zu scannen, als der Lieutenant an der OPS meldete: "Die Scanner haben die Pathfinder lokalisiert. Sie befindet sich an einem Punkt einhundertfünfundvierzig Komma sieben neun drei Millionen Kilometer von der Beta Chorom entfernt."

"Setzen Sie einen Kurs, Voller Impuls. Orten Sie irgendetwas von der Silence oder der Akula, Lieutenant?"

"Negativ, Sir."

"Stellen Sie eine Komm-Verbindung zur Pathfinder her."

"Nicht möglich, Captain. Die Pathfinder ist soeben verschwunden."

"Was soll das heißen?" Morow ging zur OPS und schaute dem dort stehenden Lieutenant über die Schulter.

"Ich kann das Schiff nicht mehr orten."

Der Captain ging langsam zu dem Sessel in der Mitte der Kommandobrücke zurück und noch bevor er sich setzte, sagte er: "Alarmstufe Rot!"

An Bord des Sternenflottenschiffes U.S.S. Pathfinder

Verblüfft sah Captain Siner zum Hauptbildschirm. Was er oder ein anderer der Brückencrew dort sahen war keineswegs die Atmosphäre eines Klasse-K-Planeten. Es gab eine Vielzahl kleiner Inseln, keine größer als zehn Kilometer im Durchmesser und ausnahmslos alle waren mit Bäumen bedeckt oder hatten hohe, steile Berge. Doch das war nicht das interessanteste, was dieser Planet der Klasse M zu bieten hatte. Ein sehr großer Teil der Südhalbkugel wurde von einem halbkugelähnlichen, dunkelroten Wolkenphänomen bedeckt, das von gelben Blitzen erhellt wurde.

Die Pathfinder flog einmal mit zwanzigfacher Schallgeschwindigkeit, was in dieser Atmosphäre fünftausendsiebenhundertvierzig Meter in der Sekunde waren, um den Planeten, konnte aber nichts finden, was annähernd so außergewöhnlich wie dieser Sturm. Die Versuche, das Innere des Sturms zu scannen, schlugen fehl und Siner beschloss, die Atmosphäre wieder zu verlassen. Von dieser Seite gab es keinen Tarnschirm und sie konnten die Sterne sehen.

Was sie jedoch zu spät sahen, war ein kleines Schiff der Defiant-Klasse, das mit vollem Impuls auf sie zu raste. Lieutenant Orotal programmierte schnell einen Ausweichkurs, doch wenn der andere Offizier an der CONN nicht schnell reagieren konnte, würde es zu spät sein.

An Bord des Sternenflottenschiffes U.S.S. Firebrand

Sie näherten sich schnell der Position, von der aus sie den letzten Sensorkontakt zur Pathfinder hatten, als unmittelbar vor ihnen ein hellgrauer Punkt im leeren Weltraum erschien. Dieser Punkt verbreiterte sich schnell nach allen Seiten und fast schon zu spät erkannten die Brückenoffiziere, dass es sich um ein Raumschiff handelte, dass sich vor ihnen enttarnte. Lieutenant Johnsons Finger wirbelten über seine Konsole und während das Schiff vor ihnen sich zur Seite rollte, wählte Johnson einen Kurs, der die Firebrand nach ‚oben‘ abdrehen ließ. Nach dieser Beinahekollision wendete er das Schiff wieder und sie erkannten, dass es ein Schiff der Sternenflotte war, das sich da vor ihnen enttarnt hatte, was eigentlich nicht möglich sein durfte, da der Sternenflotte, bis auf eine Ausnahme, die Benutzung einer Tarnvorrichtung untersagt wurde.

Captain Morow starrte ebenso fassungslos auf den Bildschirm. Vor ihnen flog ein Schiff der Intrepid-Klasse eine weite Kurve und steuerte auf sie zu. Da kein anderes Schiff dieser Klasse in diesem System sein sollte, nahm er an, dass sie die Pathfinder gefunden hatten. Oder sie ihn, was jedoch zu dem selben Ergebnis führte.

"Fähnrich Bever", sagte er zum Offizier an der OPS, "stellen Sie einen Kontakt zu diesem Schiff her." Morow war wütend darüber, dass die Crew auf dem Flottenschiff vor ihnen den Vertrag von Algeron gebrochen hatte, indem es eine Tarnvorrichtung einsetzte.

"Verbindung steht."

"Hier ist Captain Stephen Morow an Bord der USS Firebrand", stellte er sich vor. Obwohl sie an der gleichen Mission arbeiteten, kannte ein jeder Captain nur die Kommandanten der Schiffe, die im gleichen Sektor wie sie selbst operierten.

Das Bild der Front der Pathfinder wechselte zu einer Übertragung aus deren Kommandozentrale.

"Ich grüsse Sie, Captain", begann der andere Captain, an dessen linker Seite sein Erster Offizier, ein mürrisch dreinschauender Bolianer, saß. "Mein Name ist Tim Siner."

"Warum benutzen Sie eine Tarnung?" fragte er forsch und noch immer erbost.

Der andere Captain sah kurz verwirrt zu seinem Stellvertreter, ehe er antwortete: "Ich kann mir vorstellen, wie unser plötzliches Erscheinen auf Sie gewirkt haben muss, doch kann ich Ihnen versichern, dass es nicht so ist, wie es aussieht. Ich schlage vor, Sie beamen sich an Bord der Pathfinder und ich versuche Ihnen zu erklären, was ich Ihnen erklären kann.

Vertrauen Sie mir, Captain. Ich habe nichts unrechtes getan."

"Wenn Sie mir Ihr Wort als Offizier der Sternenflotte geben, werde ich Ihnen wohl vertrauen müssen, doch enttäuschen Sie mich bitte nicht, Captain. Ich werde in zehn Minuten auf ihrem Schiff sein. Firebrand, Ende."

An Bord des Sternenflottenschiffes U.S.S. Pathfinder

Captain Siner stand im Transporteraum seines Schiffes und erwartete die Ankunft des Captains von der Firebrand. Als das blaue Schimmern verebbt war, standen er und sein Erster Offizier auf der Plattform und starrten Siner und seinen Ersten Offizier, denen stämmigen, immer noch mürrisch guckenden Bolianer, sowie den Sicherheitsbeamten an, der hinter der Transporterkonsole neben einem Chief Petty Officer stand und die beiden Neuankömmlinge musterte.

Die beiden Schiffskommandanten stellen ihre Stellvertreter vor und zu viert gingen sie zu einem Turbolift, mit dem sie zum obersten Deck des Schiffes fuhren. Sie betraten den Besprechungsraum über den Hintereingang, ohne über die Brücke gehen zu müssen.

Morows erster Blick führte aus dem mittleren der drei Fenster zu seinem Schiff, das nur wenige hundert Meter vor dem Bug dieses Schiffes im All schwebte. Als Captain bekam man recht selten die Möglichkeit, sein Schiff zu sehen, egal wie lang man das Kommando hatte.

In der Ecke neben dem linken Fenster stand das Modell eines Schiffes der Merced-Klasse. Morow konnte die kleine Plakette am Sockel nicht richtig erkennen, doch er nahm an, dass es ein Modell eines früheren Schiffes mit dem Namen Pathfinder sei.

Vor den Fenstern stand ein entfernt an eine Pfeilspitze erinnernder Tisch, jedoch ohne dem spitzen Ende An dem schmalen Ende saß normalerweise der Captain, das Ende ihm gegenüber wurde von einem Halbkreis gebildet, dessen Form sich jedoch auf dem Tisch zu einem vollem Kreis ergänzte. Morow schätzte, das zehn Stühle an den Tisch passen würden, doch derzeit fehlten der an der Tischspitze, die drei am Halbkreis und je einer von dreien an den Seiten.

Siner bedeutete Morow und Dimmlein auf der linken Seite des Tisches Platz zu nehmen, während er sich mit seinem Ersten Offizier, dem Bolianer, den als als Thob vorgestellt hatte, der bis jetzt jedoch noch kein einiges Wort gesagt hatte, auf der gegenüberliegenden Seite hinsetzte, von wo aus er schneller zur Brücke gelangen konnte, sollte dies notwendig werden.

Als sie saßen, begann Siner zu erzählen, was geschehen sei, seit sie in dieses Planetensystem geflogen sind. Als er zu der Stelle kam, wo sie den Planeten entdeckten, deutete Siner auf einen Bildschirm, der sich hinter den beiden Führungsoffizieren der Firebrand befand und sie sahen sich die Auswertung sowohl der optischen als auch aller anderen Sensoabtastungen über den eigenartigen Sturm an.

"Der Rest des Planeten ist, abgesehen von Fischen, Insekten und Kleinstlebewesen, unbewohnt", beendete Siner seinen Bericht.

Noch immer zum Bildschirm sehend überlegte Morow kurz. "Ich nehmen an, sie denken auch, dass die beiden Schiffe sich im Inneren des Sturms befinden müssen."

"Ja."

Der Captain der Firebrand drehte sich wieder zum Captain der Pathfinder um und fragte: "Und was haben Sie nun vor?"

"In Anbetracht der Tatsache, dass es sich bei diesen energetischen Ausmaßen um einen Plasmasturm des Typs 2G zu handeln scheint, wobei mir immer noch schleierhaft ist, wie sich ein solcher Sturm in einer Planetenatmosphäre erhalten kann, fallen ein Durchflug mit einem Schiff oder gar einem Shuttle von vorn herein weg."

"Sehe ich genauso. Nicht einmal im Raum wäre ein Passieren eines Plasmsturms dieser Größenordnung eine Option."

"Statt dessen könnten wir jedoch ein Shuttle in sicherer Höhe über dem Sturm kreisen und so als unser Aug‘ und Ohr fungieren lassen."

"Eine Sonde könnte die selbe Funktion mit deutliche weniger Risiko erledigen", widersprach Morow. Thobs Mundwinkel ließen ein kurzes Lächeln erkennen, was Morow zeigte, dass ein ähnliches Gespräch bereits zwischen ihm und seinem Vorgesetzten stattgefunden haben musste. Und vermutlich würde Siner das selbe Argument, das er Thobs Hinweis entgegen gebracht hatte, jetzt wieder erwähnen.

"Ich weiß", fing er mit einem leichten Seitenblick auf seinen Ersten Offizier an. "Trotzdem kann ein Shuttle mit einer Besatzung viel schneller in das Geschehen eingreifen. Es..."

"Welches Geschehen. Bis jetzt ist nicht viel passiert. Wir können nur Mutmaßungen anstellen, was mit der Akula und der Silence passiert ist. Und auch..."

"Diese Mutmaßungen gefallen mir aber nicht", unterbrach Siner Morow, wie der ihn zuvor unterbrochen hatte. "Es gibt nämlich noch etwas, von dem mich einer meiner jüngeren Offiziere erst wenige Minuten vor ihrer Ankunft informiert hat. Er hatte bei unserer Ankunft Reste des Antriebsplasmas eines Sterenflottenschiffes geortet. Da an diesem Punkt die Spuren der beiden vermissten Schiffe sich überdecken, gehe ich davon aus, dass die Akula in die Planetenatmosphäre geflogen ist. Da Schiffe der Akira-Klasse zwar in Atmosphären manövrieren können, um Shuttles oder andere Atmosphärenfahrzeuge auszusetzen, aber nicht imstande sind, auf Planeten zu landen, gehe ich davon aus, dass Captain Night dass Schiff evakuieren musste. Doch warum sollte er seine Crew ins Zentrum eines so gefährlichen Plasmasturms evakuieren? Ich vermute, dass der Warpantrieb der Akula irgendwie für den Sturm verantwortlich ist, obwohl ich genauso gut weiß, dass ein Warpantrieb nicht einmal einen Typ eins verursachen könnte, schon gar nicht auf einem Planeten."

"Und wie erklären Sie sich die Tarnung?"

"Im Moment überhaupt noch gar nicht. Ich weiß, dass Ihre Frage daraufhin anspielt, dass die Tarnung erst nach dem Verschwinden der Akula aktiviert worden sein kann, da Night sonst unmöglich diesen Planeten als Rettungsziel auswählen hätte können."

Thob nutzte diesen Moment der Stille, der auf die eben gesagten Worte einsetzte, um etwas zu erwähnen, was ihm gerade erst eingefallen zu sein schien. "Wer weiß, was sie auf dem Planeten gefunden haben. Vielleicht hat er eine Insel als Ziel ausgewählt, auf dem eine Kultur existiert."

"Diese Insel hätte er bestimmt nicht als Ziel gewählt", sagte Dimmlein, "da er sonst gegen die Erste Direktive verstoßen hätte."

"Richtig", stimmte Thob ihr zu, als wäre ihm diese Order gerade erst wieder eingefallen. "Aber möglicherweise gab es eine solche Kultur und Captain Night hat ihre Überreste gefunden und...

"Solche Spekulationen helfen nicht weiter", sagte Morow. An Siner gewandt fragte er: "Und die Silence? Was für eine Erklärung haben Sie für deren verschwinden?"

Siners Stimme wurde leiser. "Als wir in der Atmosphäre nach den Schiffen gesucht haben, meldete mir der Offizier an der OPS eigenartige Impulsspuren. Ich habe mir diese Werte angesehen und bin zu dem Schluss gekommen, dass die Silence abgestürzt sein muss. Scheinbar war die Tarnung bereits aktiv und die Silence erkannte zu spät, dass sich ein Planet dahinter befindet."

"Und dann wollen Sie noch immer ein Shuttle dort hin schicken?"

"Wir befanden uns mehrere Minuten in der Lufthülle des Planeten, die meiste Zeit davon in direkter Umgebung zu dem Sturm und uns ist nicht passiert. Warum sollte plötzlich einem Shuttle irgend etwas widerfahren."

"Das mag ja sein, trotzdem..."

"Ich schlage vor, Sie kehren auf ihr Schiff zurück und treten mit der Discovery in Verbindung, Captain."

"Was soll das denn jetzt?" fragt Morow erstaunt. "Wir sind zwei Captains der Sternenflotte, es sollte uns eigentlich gelingen, ohne einschalten eines dritten eine Diskussion zu führen." Morow ging ein Licht auf. "Aber ich glaube, ich beginne zu verstehen, warum Sie wollen, dass ich auf mein Schiff gehe. Sie haben keine stichhaltigen Argumente, ein Shuttle den Sturm überwachen zu lassen, obwohl eine Sonde das gleiche tun könnte. Sie wollen es einfach, weil es ihre Idee ist, nicht wahr?" Doch er ließ den anderen Captain keine Chance, dies zu bejahen oder zu dementieren. Dass er seinem Ersten Offizier nicht nachgeben wollte, ließ er ungesagt, solange er nicht mit ihm alleine reden konnte, obwohl er wußte, dass das ein schwerwiegendes Problem war. "Ich kann es Ihnen zwar nicht befehlen, doch wünsche ich, dass Sie kein Shuttle hinter dem Tarnschirm parken. Ich werde eine planetare Sonde abschießen lassen. Sie können dann genauso wie ich sehen, was auf der Oberfläche passiert. Sobald der Sturm es zulässt, können Sie dann runterfliegen und landen, wenn Sie mögen."

"Und Sie? Bleiben Sie im Orbit?"

"Die Defiant-Klasse kann zwar landen, bis jetzt ist jedoch noch kein praktischer Test erfolgt. Ich möchte ungern der erste bei so einem heiklen Manöver sein, noch dazu mit der Crew."

"Ich verstehe, was Sie meinen."

Die vier Offiziere trennten sich, Siner und Thob kehrten gleich zur Brücke zurück, während Morow und Dimmlein zum Transporterraum gingen und zur Firebrand zurückkehrten, eine Klasse-VI-Sonde hinter den Tarnschirm schossen und warteten.

In der Zwischenzeit stellte Morow einen Kontakt mit Commodore Meto her und erzählte ihr von dem Planeten und dem Problem. Seine Beobachtung Captain Siner betreffend behielt er erst einmal für sich.

An Bord des Sternenflottenschiffes U.S.S. Firebrand 

"Sir, die Sonde registriert Duranium- und Tritanium-Legierungen am nordöstlichen Rand der Wolkenbarriere."

"Etwas künstliches?"

"Ja, Sir. Und es wird größer. Gleich können wir es sehen."

"Auf den Schirm."

Auf dem Hauptbildschirm erschien die äußerste Kante der Barriere und dann trieb langsam ein weit geschwungener Bogen hervor, der an der vorderen Kante durch eine gradlinige Einbuchtung unterbrochen wurde. Der Bogen weitete sich nach beiden Seiten aus und nach und nach wurde eine große elliptische Form deutlich, die über das Wasser trieb und auf dem etwas geschrieben stand.

Und obwohl jedem auf der Brücke längst Klar war, ließ der Captain sich die Angaben bestätigen.

Der OPS-Offizier laß die Kennung vor: "NCC–66220. Der Computer bestätigt: Es ist die Akula, Sir. Das heißt bis auf die Antriebssektion und drei Fluchtkapseln." Er machte eine Pause und wechselte zu einer anderen Anzeige. "Und noch etwas ist eigenartig. Sie scheinen über keinerlei Schiffs- oder Systemenergie zu verfügen."

 

Kapitel 4 - An Bord des Sternenflottenschiffes U.S.S. Akula

Die nochmalige Durchquerung des Sturms war wesentlich ruhiger als die erste. Die Crew versammelte sich tief im Inneren des Diskusses in der Erwartung, von einer Seite zur anderen geschleudert zu werden, aber bis auf wenige Erschütterungen blieb der Diskus in einer stabilen Lage. Seit ihrer Notlandung hatten sich das Diskussegment mehrere Male um sich selbst gedreht, trotzdem verließen sie den Sturm mit dem Bug voran. Als sie von einem der Fenster im Achterbereich die dunkelroten, wild tobenden Wolken sahen, die ab und an von gelben Blitzen erhellt wurden, wussten sie, sie hatten es geschafft. Das Problem war, dass sie neun Mitglieder ihrer Besatzung hinter dem Sturm zurücklassen mussten.

Die Crew blieb noch etwa fünf Minuten im Schiff, bevor sie sich wieder auf die Außenhülle begaben, von wo sie einen beeindruckenden Blick auf das Phänomen werfen konnten. Das Erstaunlichste jedoch war, dass sie plötzlich von drei Shuttles umgeben waren, die behutsam nahe der Hauptbrücke landeten. Es handelte sich um ein Typ-10-Shuttle, dessen Beschriftung an der Seite es als das Shuttle Stafford von der U.S.S. Firebrand, NCC-76033, auswies, ein Typ-9-Shuttle, das Shuttle Bryxer, und eins vom Typ-7B, der verlängerten Frachtversion des Typ-7-Shuttles, das Shuttle Leonow, welche beide der U.S.S. Pathfinder, NCC-74626, zugewiesen waren.

Aus dem Shuttle Leonow stiegen zwei Unteroffiziere, die eine der externen Verbindungsöffnungen der Akula öffneten und Energieleitungen aus dem Shuttle mit dem Diskus verbanden. Kurz danach kamen aus den Shuttles Bryxer und Stafford zwei Commander, ein Bolianer, der ein PADD in der linken Hand hielt, und eine sehr attraktive Frau mit langen, blonden Haaren. Die beiden Offiziere gingen auf Night und Rayd zu, und nachdem sie von einem der Unteroffizierevom Shuttle Leonow , der mit einem Tricorder Werte überprüfte, ein Zeichen erhalten hatten, stellte sie sich vor: "Ich grüße Sie, Captain. Ich bin Commander Dimmlein von der Firebrand, dies hier neben mir ist Commander Thob von der Pathfinder. Die beiden dort", sie zeigte in Richtung des Frachtshuttles, "haben in ihre Systeme wieder ein wenig Energie geleitet. Genug für die Energieversorgung der Datenverarbeitung, der Kommunikation, der medizinischen Einrichtungen und einigen anderen Systemem. Ein zweites Team, Ärzte und Schwestern von unseren beiden Schiffen wurde bereits mit funktionsfähigen Instrumenten zur Krankenstation gebeamt."

Kaum war Dimmlein fertig, setzte der Bolianer fort: "Wenn alle Verwundeten stabil sind, bitten wir Sie, die verbleibende Energie zu einem großen Teil auf die Strukturelle Integrität und die Trägheitsdämpfer zu leiten. Hier sind die entsprechenden Berechnungen." Thob reichte ihm das PADD und Night gab es ohne einen Blick darauf zu werfen an seinen Ersten Offizier weiter. "Wir werden dann versuchen, Ihr Schiff mit den drei Shuttles zu einer Insel siebzehn Komma null drei Kilometer Richtung Nordnordwest zu ziehen."

Dimmlein sprach wieder weiter: "Es handelt sich um eine kleine, bewaldete Insel, mit einem breiten Strand. Etwas weiter im Inneren gibt es eine oval Lichtung mit einem Durchmesser von rund zweihundertelf Metern, die auf einen Meteoritenkrater zurückzuführen ist. Dies ist der einzig mögliche Punkt in der Nähe, wo eins der beiden Schiffe landen kann, was wohl aufgrund der Größe der Pathfinder nur die Firebrand sein wird."

"Commander, meine einzige Sorge besteht derzeit, wie ich meine Männer wieder dort", er zeigte auf den Sturm, "heraus bekomme."

Dimmlein sah verwirrt auf das Wolkenphänomen, während Thob fragte: "Sie haben noch Crewmitglieder im Sturm?"

"Als ein Schiff der Excelsior-Klasse abstürzte, schickte ich meinen Sicherheitsoffizier mit fünf weiteren zu deren Rettung, mehr Zeit war nicht. Sie kamen nicht wieder zurück, bevor wir von der Strömung wieder aus dem Sturm herausgetragen wurden."

"Das Schiff, das sie gesehen haben, war die Silence. Wir sind eigentlich hier, weil wir einen Notruf von ihr empfingen", sagte Thob. "Wir nehmen an, sie sind durch den Tarnschirm geflogen, ohne zu wissen, was sich dahinter befand und sind dann hier abgestürtzt."

"Welcher Tarnschirm?" fragte Rayd irritiert, der bis jetzt nur zugehört hatte.

Dimmlein wollte gerade beginnen zu erzählen, als ein knapper, einmal wiederholter Piepton vom Frachtshuttle ausging. Night, und sicherlich auch die anderen Offiziere, wusste, was dieses Signal zu bedeuten hatte, trotzdem schrie einer der Techniker: "Energietransfer beendet, Commander."

"Gut", rief Dimmlein zurück, bevor sie auf ihren Insignienkommunikator klopfte. "Dimmlein an Doktor Ereno."

"Ereno hier."

"Wie weit sind Sie?"

"Wir sind soweit fertig, zwei Offiziere wurden auf die Pathfinder gebeamt, zusammen mit deren Chefarzt. Dem Rest geht es soweit wieder gut."

"In Ordnung. Dimmlein, Ende."

"Sir, wie schon gesagt, werden wir jetzt Ihr Schiff zu der Insel ziehen. Sie können sich dann mit meinem Captain unterhalten und beraten, wie Sie Ihre Männer zurück bekommen."

Night nickte nur, woraufhin sie und der Bolianer zu ihren Shuttles gingen, in denen die Piloten noch immer warteten. Die beiden Techniker hatten inzwischen die Energieverbindung wieder gekappt und die Transferleitungen im Frachtshuttle verstaut. Während die drei Shuttles starteten, begab sich die Crew der Akula wieder ins Schiffsinnere. Die Konsolen auf der Brücke liefen in einem Energiesparmodus. Night überspielte die Informationen in die Systeme seines Schiffes und passte das Strukturelle Integritätsfeld und die Trägheitsdämpfer an. Er überlegte, ob er den Hauptbildschirm einschalten sollte, ließ es dann jedoch bleiben und beobachtete die Shuttles auf einem Display neben seinem Sessel.

Die Shuttles flogen eine weite Kurve, während sie Kurs und Geschwindigkeit auseinander abstimmten. Sie flogen in einer leichten Delta-Formation, das Typ-7B-Shuttle an der Spitze, das Shuttle Leonow, gesteuert von Lieutenant Orotal, an seiner Backbordseite, während das Shuttle Staffort, gelenkt von Lieutenant Johnson, an seiner Steuerbordseite flog. Sie überflogen den Diskus in niedriger Höhe und mit sehr geringer Geschwindigkeit, und als sie den Primärrumpf der Akula beinahe vollständig überflogen hatten, griffen von allen drei Shuttles Traktorstrahlen nach dem Diskus und zogen ihn langsam hinter sich her. Durch die Unförmigkeit der Kommandosektion schwappte die Bugwelle weit über den Rumpf hinweg und beeinträchtigte die Traktorstrahlen, so dass ein zweiter Anflug der Shuttles nötig wurde. Diesmal verteilten sie sich anders und versuchten, den Diskus etwas anzuheben. Die Bugwelle wurde so zum großen Teil unter den Rumpf geleitet, und die Shuttles hatten leichtes Spiel.

Nach einer Viertel Stunde gingen Night und Rayd wieder auf die Schiffshülle und beobachteten den Abschleppvorgang, während ihnen der frische Seewind durchs Haar glitt. Kurz bevor sie die Insel erreichten, hörten sie ein fauchendes Geräusch. Sie drehten sich um und sahen ein Schiff der Defiant-Klasse, welches an ihnen vorüberflog und schließlich zur Landung ansetzte. Die vier Landebeine wurden ausgefahren und das Schiff schien im Wald mit seinen hohen Laubbäumen zu verschwinden, doch nachdem es gelandete war, überragte es den Wald noch immer um etwa vier bis fünf Meter.

Etwas später gingen der Captain der Akula und sein Erster Offizier wieder zurück auf die Brücke und warteten darauf, das der massige Rumpf des Kommandodiskusses über den Sand des Strandes knirschte.

Wenige Sekunden nachdem das Schiff auf der Insel zur Ruhe kam, begannen schon die ersten Besatzungsmitglieder der Firebrand mit der Energieversorgung des gestrandeten Kreuzers der Föderation. Kleine Energiezellen wurden auf die Decks des Diskusses gebeamt und mittelgroße wurden mit Hilfe von AntiGrav-Geräten an Bord gebracht. Binnen zwei Stunden konnten die Fusion in den Impulsreaktorakmmern von neuem in Gang gesetzt werden, wodurch das Schiff wieder seine eigenen Energiequellen nutzen konnte. In der Zeit, in der das Schiff wieder raumtauglich gemacht wurde, trafen sich die Captains Night und Morow im Besprechungsraum der Akula.

"Willkommen auf meinem Schiff, Captain", begrüßte Night seinen Kollegen von der Firebrand, als dieser im Zentrum des Raumes materialisierte.

"Wie ich hörte, wollten Sie mit mir sprechen?"

Night bedeutete ihm, Platz zu nehmen.

"Ich möchte, dass Sie mir erklären, was es mit dem Tarnschirm auf sich hat und dann möchte ich gern einen Plan ausarbeiten, um meine Männer zurück zu holen."

"Hm, was den Tarnschirm anbelangt, nun ja, er hüllt den Planeten ein. Mehr wissen wir auch nicht. Wieso eigentlich..."

"Weil es keinen Tarnschirm gab, als wir in das System geflogen sind."

"Ist ja interessant. Aber den Sturm gab es schon?"

"Ja. Er ist der Grund, warum wir uns diesen Planeten überhaupt näher angesehen haben."

Morow überlegte. "Mir scheint ganz so, als wolle irgend jemand etwas vor uns verbergen."

"Zu diesem Schluss bin ich auch gekommen. Zuerst nur der Sturm, der seine Intensität sprungartig erhöhte, als mein Shuttle versuchte, ihn zu durchqueren, dann ein Tarnschirm. Wie haben Sie uns eigentlich gefunden?"

"Wir sind den Antriebsspuren gefolgt." Morow sah aus dem Fenster auf den nahen Wald, über dessen Kronen sich das oberste Deck seines Schiffes erhob. "Ich frage mich gerade, was demjenigen noch alles einfällt, um sein Geheimnis zu bewahren."

"Warum versuchen wir nicht einfach, das Geheimnis zu lüften?"

"Ich kann verstehen, warum sie wieder in den Sturm zurück wollen, doch wüsste ich keine... Oder vielleicht doch. Sie sagten, alle Energie wurde Ihnen entzogen, richtig?" Das war weniger eine Frage als eine Feststellung. Night antwortete nicht und Morow fuhr fort. "Alle Energie bis auf die Grundlegendste."

Night verstand, worauf sein Kollege hinaus wollte: "Das Leben selbst."

"Genau. Ich weiß zwar nicht mehr genau, wie Energie im Körper gewonnen wird, doch dafür weiss ich noch, dass wir dazu Sauerstoff benötigen und Kohlenstoffdioxid ausatmen. Wie bei jeder anderen Verbrennung auch. Ich hätte in Biologie vielleicht doch besser aufpassen sollen."

"Beim Absturz der Silence habe ich keine Brände gesehen. Das Schiff ist auch nicht explodiert. Oder die Antriebssektion meines Schiffes. Ohne Energie hätte das Kraftfeld in den Antimateriekapseln nicht ohne Kontakt zur Materie gelagert werden können. Das gesamte Lager auf beiden Schiffen hätte sich mit der äquivalenten Masse an Materie in der Umgebung beinahe hundertprozentig in reiner Energie auslöschen müssen. Aber das ist nicht passiert. Die Energieversorgung zu den Tanks muss also aufrechterhalten worden sein."

"Es scheint, als könne unser unbekannter jemand Gefahren erkennen und sich schützen. Vielleicht sollten wir lieber von einem Etwas sprechen, wenn es beliebig mit Energie spielen kann."

"Als wir den Sturm verlassen hatten, war er weit weniger turbulent als bei unserem Eintritt. Ich bin mir zwar nicht sicher, ob das etwas mit der Richtung zu tun hat, in der man den Sturm durchquert, aber bei unseren ersten Scans haben wir herausgefunden, dass er in Bodennähe schwächer ist als in höheren Lagen."

"Was schlagen Sie vor?"

"Wir sollten eine Reihe Torpedohüllen mit einem hydrodynamischen Antrieb ausrüsten und Unterwasser den Sturm durchqueren. In einem Teil der Hüllen werden je eine Person Platz haben, die anderen könnten wir mit Ausrüstung vollstopfen. Drei Provisorische Boote habe ich bereits hinter dem Sturm, wir sollten nur einige Planen mitnehmen, da die Durchquerung in offenen Booten zu gefährlich ist. Zusätzlich auch noch weitere Boote, die dort zusammengebaut werden können. Ich werde mit einem ausgewählten Team zurückkehren und meine Männer und die Überlebenden der Silence zurückbringen."

"Sie wissen doch, dass ein Captain bei seinem Schiff bleiben muss."

"Ein Teil meines Schiffe ist noch dort drüben und dieser Teil hier funktioniert nicht mehr so richtig. Außerdem ist dort drüben nichts gefährliches. Und...

"Schon gut. Gehen Sie." Morow sah noch einmal zu seinem Schiff. "Was meinen Sie, wie viele Torpedohüllen brauchen Sie?"

Zwei Stunden später rasten vierzig Quantentorpedos fünfzig Meter unter dem Meeresspiegel mit einhundertachtzig Knoten dem Sturm entgegen. Einhundert Meter über ihnen flogen mit dreihundertdreiundreißig Komma drei sechs Kilometer Stundengeschwindigkeit sieben Shuttles, drei Typ-6-Shuttles, drei vom Typ 8, alle sechs bildeten die einzigen intakten Shuttles, die von der Akula übrig geblieben sind, sowie das Shuttle Stafford, welche die Reise kontrollierten und nötigenfalls Kurskorrekturen durchführten. Dreihundert Meter vor der Sturmfront drehten die sieben Shuttles in waghalsigen Manövern ab und die Torpedos wurden sich selbst und Fortuna überlassen.

 

Kapitel 5 - Im Wrack des Sternenflottenschiffes U.S.S. Silence

Lieutenant Gurdeni, Fähnrich Hank MacDonald und der Sanitäter Si Doreg bildeten eins von zwei Teams, die sich durch das Wrack des abgestürzten Schiffes kämpften. Das zweite Team, bestehend aus Doktor Richard Hobbs, dem zweiten Sanitäter, Martin J. Forrester und dem Chief Petty Officer Claudia Raymond-Leseg, durchsuchte den Kommandodiskus, der vom Rumpf abgetrennt sechsundfünfzig Meter entfernt lag, das dritte, der zweite Chief Petty Officer Jot und Fähnrich Piva unter der Leitung der Andorrianerin Lieutenant Denna, untersuchte die Trümmer außerhalb des Wracks und behielt ein Auge auf die entfernte Lagune, in der Hoffnung, dass der Diskus der Akula zu ihrer Rettung kommen würde.

Der Umstand, dass die ursprüngliche Decke nun den Boden bildete, half ihnen nicht gerade bei der Durchsuchung der Räume. Bis jetzt hatten sie noch kein Mitglied der Besatzung gefunden und Gurdeni leitete sein Team jetzt zum Hauptmaschinenraum. Nicht dass sie dort viel hätten ausrichten können, das Schiff hatte genau so wenig Energie wie die Akula, von der sie kamen.

Es war vollkommen dunkel in den Gängen und Räumen des toten Schiffes und so tasteten sie sich durch die schwarze Stille an Bord. Während sie so durch die Gänge stolperten, redeten sie über Belanglosigkeiten, nur um die Stimmen der jeweils anderen zu hören und sich so nicht zu verlieren. Die Gänge waren größtenteils leer, wie es sich für ein ordentlich geführtes Schiff der Flotte gehörte, doch wenn einer von ihnen über etwas stolperte, versuchten er oder einer der anderen oder alle zusammen dieses Objekt durch bloßes fühlen zu erkennen. Am häufigsten fanden sie PADDs oder Tricorder, was darauf hindeutete, das an dieser Stelle jemand stand, bevor oder als das Schiff abstürzte. Aber von der Crew war keine Spur zu finden. Ab und zu öffneten sie ein Tür zu einem Lagerraum oder Laboratorium, die in der Antriebssektion häufig vorhanden waren, und wenn dieser Raum über ein Fenster verfügte, strömte etwas Tageslicht in den Gang. Diese Momente nutzten sie aus, um sich kurz zu erholen. Schließlich erreichten sie den Maschinenraum. Da dieser Raum vom Korridor nicht durch ein Schott abgegrenzt war, merkten Sie das aber erst, als Si Doreg, der zwei Meter siebzehn großer Gallerianer, mit dem Kopf gegen eine der freistehenden Konsolen stieß.

"Was haben Sie?" fragte Gurdeni in Föderationsstandard.

"Ich weiß nicht so recht, Sir. Wahrscheinlich ein Schrank oder etwas ähnliches."

"Versuchen Sie es herauszufinden."

"Ich habe hier auch etwas, Sir", sagte MacDonald. "Es scheint der Monitor einer Konsole zu sein. Etwas über mir ist ein Eingabefeld."

"Ja, Sir, das wo ich dagegen gestoßen bin, ist ebenfalls eine Konsole."

"Dann scheine wir jetzt endlich im Maschinenraum zu sein."

"Es sieht so aus", murmelte Hank. Das war eine der Floskeln, auf die die Lehrer an der Universität bestanden, dass man sie auswendig lernt. In dem Falle war sie eher unpassend; Sie sahen nämlich gar nichts.

"Versuchen Sie den Warpkern zu finden. Wir müssen an ihm hinauf klettern und die Speicherkapseln des Antimaterielagers untersuchen."

Sie stolperten weiter durch den Raum in Richtung des Herzstücks des komplexen Antriebssystems und schließlich fanden sie es. Vor sich fühlten sie das kalte Kobalt-Lanthanid-Boronit eines der Querschnittsverengerröhren der Materie-/Antimaterie-Reaktionskonstruktion. Sie sahen nach oben und von dort ein schwaches Licht.

"Scheint, als hätte der Aufprall einige Hüllenplatten weggerissen", meinte MacDonald.

Das Licht war nicht intensiv genug, um viel zu erhellen, aber sie sahen, dass die ganze M/AR-Konstruktion aus dem Halterahmen gerissen wurde und nun an einer der Wände weiter oben lehnte.

"Mister Doreg, können Sie die Kammer erreichen?"

"Ich versuche es."

"Vorsichtig berühren. Ich will nur wissen, ob sie sich weit genug abgekühlt hat, um problemlos an ihr vorbei klettern zu können."

"Ja, Sir." Einige Augenblicke war es still, während der Gallerianer sich streckte und nach der Materie-/Antimaterie-Reaktionskammer tastete. "Sie ist noch lauwarm", sagte er schließlich.

"Gut. Klettern wir nach oben. Durch das Loch im Rumpf können wir dann auch ohne weiteres das Schiff verlassen. Mir scheint, als wäre die gesamte Besatzung entweder von Bord gegangen oder konnte sich irgendwo hin wegbeamen. Hier drin jedenfalls werden wir wohl niemanden mehr finden. Vielleicht hatte Doktor Hobbs mehr Glück."

Nur zwei Meter hinter ihnen standen zwei echsenhafte Lebewesen, die jede Bewegung der drei genau beobachteten. Sie gaben keinen Laut von sich, liefen mucksmäuschenstill in geringem Abstand von ihnen und wichen jeder Bewegung, die zu einem Zusammenstoß geführt hätten, agil aus. Als der Anführer der kleinen Gruppe begann, eine eigenartige Säule hinaufzuklettern, gefolgt von den beiden anderen, überlegten die zwei Lebewesen, verständigten sich dann wortlos und kletterten schließlich ebenfalls nach oben.

Langsam arbeiteten sie sich die M/AR-Konstruktion hinauf, hielten sich an den rauhen Längsstreben aus Durotanium, welche die Querschnittsverengerröhren stabilisierten, fest und zogen sich Stück für Stück nach oben. Wäre dies ein Schiff der Galaxy-Klasse gewesen, so hätten sie mehrere Vorsprünge zum Festhalten gehabt, so aber hatten sie nur die glatte Oberfläche. Dafür war der Weg kürzer. Je näher sie dem ARI, dem Antimaterie-Reaktant-Injektor, kamen, desto heller wurde das Licht, doch Gurdeni bezweifelte langsam, dass es von der hereinscheinenden Sonne kam. Er sah auf der matten Oberfläche des kugelförmigen ARI das flackernde Licht und dachte sofort an ein Feuer, das jedoch sehr gelb brennen mußte. Ihm fielen im Moment viele Dinge ein, die ein solches Licht emittieren könnten, als erstes brennendes, mit Karium versetztes Magnesium oder aber, was ihm viel wahrscheinlicher schien, ein theta-Strahlenblitz, was wiederum nicht möglich war, weil es an Bord eines Raumschiffs an den Chemikalien mangelte, die für dessen Erzeugung Voraussetzung waren.

Schließlich erreichten sie das oberste Deck, was unter normalen Gegebenheiten das unterste Deck war. Am bauchigen ARI vorbei zu klettern war nicht einfach, sogar viel schwieriger, als erwartet, da der Injektor keine Möglichkeit zum Festhalten bot, aber nach einigen Minuten, die sie an der Konstruktion hingen und die verschiedensten Möglichkeiten ausprobierten, standen sie oben. Und trauten ihren Augen nicht.

Die Antimateriekapseln waren durch die Wucht des Aufpralls durcheinandergeworfen wurden. Diesen Anblick hatten sie erwartet. Das war es jedoch nicht, was sie so faszinierte. Sie hatten ihre Blicke auf etwas gerichtet, was noch nie ein Mensch zuvor in solcher Deutlichkeit gesehen hatte. Eine der Kapseln hatte ein kleines Leck, Antimaterie strömte aus und verband sich mit Materie, in dem Falle die Luft in der unmittelbaren Umgebung, und beides löste sich vollständig in Energie auf. Normalerweise würde die Reaktion bei einer solchen Verbindung verheerende Auswirkungen haben. Materie und Antimaterie würden sich so lange vernichten, bis einer von beiden Stoffen gänzlich aufgebraucht wäre. Bei den Kapseln würde dies bedeuten, dass die gelagerte Antimaterie zuerst mit der Materie des Containers und danach mit aller sie umgebenden Materie, der Decke, den Wänden, den Molekülen der Luft, Lebewesen, reagieren, bis keine Antimaterie mehr für weitere Reaktionen übrig war. In diesem Raum, wo Kapsel an Kapsel gelagert waren, beinhaltete das, dass die Auslöschung beider Teilchen eine Kettenreaktion hervorrufen würde, die nicht nur die Silence endgültig vernichten würde, sondern auch ein nicht gerade kleines Stück der Insel, so dass ein gigantischer Krater mit mehreren Kilometern Durchmesser entstünde.

Was die drei sahen, war also absolut unmöglich.

Sie gingen näher an den Container und sahen die gelb strahlende, funkelnde Wolke genauer an. Sie konnten die ausströmende Antimaterie zwar nicht erkennen, um so besser jedoch die Kanten an dem kleinen Leck in der Kapsel, die sich nach und nach aufzulösen schienen. Der Rand glühte hellgelb, während das Loch, durch das der gefährliche Stoff austrat immer größer wurde. Das eigentliche Flammen ging von einem Punkt ungefähr zwei Zentimeter vor der Kapsel aus, wo der Antiwasserstoff mit der Luft des Raumes in Berührung kam und sich beides in gamma-Strahlen auslöschte. Schweigend staunten sie über das Phänomen. Es war ihnen, als sahen sie direkt in eine Sonne oder besser gesagt in eine Nova, doch sie wurden nicht geblendet. Es strahlte zwar eine gewisse Wärme aus, doch auch die Hitzeentwicklung war weit unter dem, was sie bei einer solchen Reaktion erwartet hätten. Alles, was sie gerade erlebten, war vollkommen abwegig. Und doch erlebten sie es.

"Wir sollten besser von hier verschwinden, ehe sich die Antimaterie überlegt, doch ihrer eigentlichen Natur zu folgen und schlagartig jegliche Materie im Umkreis zu vernichten", meinte Gurdeni.

"Klingt vernünftig."

Doreg sah den Commander an. "Was meinen Sie, wird man uns das glauben, wenn wir davon erzählen?"

"Haben Sie vor, ein Holobild davon machen?" fragte MacDonald sarkastisch.

"Hier sind viele Dinge geschehen, die sehr unglaubwürdig erscheinen. Kommen Sie", antwortete Gurdeni einfach. Er sah sich in dem Raum um und zeigte schließlich in Richtung Bug. "In dieser Richtung müssten wir auf eine Jefferies-Röhre treffen, durch die wir zwei Decks tiefer gelangen können. Von dort aus kommen wir zu den hinteren Ladeluken."

Nachdem sie gegangen waren, schlichen sich die beiden Wesen vorsichtig näher an das Licht heran und sahen es sich aus verschiedenen Blickwinkeln genauestens an. Ein Licht solcher Intensität und Wärme hatten sie bis eben nicht erlebt.

Langsam näherten sie sich, ganz bedacht.

Einer von beiden schnüffelte in Richtung des ungewöhnlichen Sterns, der nicht wie alle anderen die sie kannten des Nachts am Himmel leuchtete, sondern ganz in ihrer Nähe funkelte.

Ein kreischendes Quietschen ließ die beiden aufhorchen, doch die Neugier ergriff sie bald wieder.

Der andere streckte den behaarten Arm aus. Seine krallenbewehrte Hand näherte sich beharrlich dem Leuchten...

Vierzig Meter weiter versuchte der Gallerianer ein Zugang zu dem Jeffries-Röhrennetzwerk in der Wand zu öffnen. Sie waren über viele weitere Kapseln hinweg geklettert, haben jedoch kein weiteres solches Phänomen entdecken können.

Doreg öffnete das Schott mit einem quietschenden Geräusch und einer nach dem anderen, zuerst Gurdeni, gefolgt von MacDonald, begannen, in den schmalen Gang zu kriechen. Doreg beugte sich nach vorn und wollte gerade den Schacht betreten, als die drei einen hohen, fast gezischten Schrei durch die weite Lagerhalle hörten. Eilig krochen MacDonald und Gurdeni wieder zurück und gemeinsam versuchten sie die Ursache des Geräusches ausfindig zu machen.

Sie gingen wieder zu der einzigen Lichtquelle in der näheren Umgebung zurück, während die Schreie zwar leiser wurden, jedoch nicht ganz verstummten. Langsam näherten sie sich der M/AR-Konstruktion und der defekten Antimateriekapsel.

Ein knurrendes Geräusch kam von links und als sie über eine andere Vorratskapsel geklettert waren sahen sie zwei Lebewesen, von denen eins auf dem Boden lag und sich vor Schmerzen krümmte, während das andere einen knappen halben Meter vor ihnen knurrend in ihre Richtung starrte.

Das Geschöpf wirkte wie ein Reptil aus längst vergangenen Zeiten. Es stand nur auf den Hinterbeinen, der Oberkörper war weit nach vorn gebeugt und wurde von einem langen, kräftigen Schanz ausbalanciert. Die Arme hatte es dicht an den Brustkorb gezogen. Ein breiter, flacher Schädel mit einer länglichen, dünnen Schnauze thronte auf einem kurzen, muskulösen Hals. Ab und zu hob das Wesen die Leftzen und zeigte ihnen die spitzen, langen Zähne. Im gelben Gegenlicht der Materie-/Antimaterie-Reaktion in seinem Rücken wirkte das Fell mattschwarz und schien eine dunkelrote Maserung zu haben.

Langsam zogen sich die Offiziere zurück. Eigentlich hätten sie dem verletzten Tier helfen können oder es zumindest versucht, doch angesichts des zweiten Wesens war es ihnen nicht möglich und so verließen sie den Lagerraum wie geplant.

"Was meinen Sie, Sir, wo kam dieses Tier her?" fragte MacDonald den Lieutenant.

"Ich habe keine Ahnung", sagte er und fügte noch hinzu, bevor einer seiner beiden Begleiter eine weitere Frage stellte: "Und auch keine Lust darüber nachzudenken."

"Aber..."

"Das Gespräch ist beendet, Fähnrich MacDonald", unterbrach ihn Gurdeni schroff.

Doreng wusste, wie der junge Mann vor ihm jetzt den Lieutenant beurteilen würde und bedauerte dieses Denken, denn er wusste: Sein vorgesetzter Offizier machte sich sehr wohl Gedanken über das eben Geschehene. Zuerst hatten sie Lebenszeichen von diesem Planeten empfangen, dann, als das Schiff im Orbit flog, gab es keine, nur diesen eigenartige Sturm. Jetzt plötzlich aber hatten sie einem Blick auf das werfen können, was die Fernbereichssensoren empfangen hatten, und diese Entdeckung hätte unter anderen Umständen einem von ihnen das Leben kosten können. Er hatte jedoch nicht vor, diese Tatsachen dem vor ihm kriechenden Mann mitzuteilen. Er würde schon noch früh genug von allein darauf kommen.

Sie mussten noch zwei Decks nach unten, wenn sie die hinteren Ladeluken erreichen wollten. Durch die Umstände, dass es vollkommen dunkel in den Gängen war und das Schiff auf dem Rücken lag, gab es einige Schwierigkeiten beim erreichen der ersten Leiter, von der aus sie ein Stück nach oben gelangen würden. Sie kamen in einem Knotenpunkt der Jeffries-Röhren an, der ausreichend hoch genug war, so dass ein ausgewachsener Humanoide durchschnittlicher Größe problemlos in ihm aufrecht stehen konnte. Das Schott lag etwas mehr als zwei Meter über ihnen und es war wieder die Aufgabe des Gallerianers, der leicht gebück in dem Knotenpunkt stand, ihnen beim Weiterkommen zu helfen.

Nachdem Doreg mit leichten Schwierigkeiten die beiden Hälften des Schotts geöffnet und die beiden anderen in den vertikalen Schacht gehoben hatte, sagte Gurdeni erleichtert: "Nur gut, dass wir sie dabei haben."

"Ja, Sir. Danke", antwortete der Gallerianer leicht verlegen, dem das unausgesprochene Lob in den Worten des Sicherheitschefs nicht entgangen war.

Vorsichtig kletterten sie wenigen Sprossen hinauf, dann wieder eine Weile horizontal, bis sie an eine weitere Leiter kamen, die sie zwei Decks tiefer bringen würde. Nach einiger Zeit echote das typisch quietschende Geräusch einer gewaltsam geöffneten Luke durch die Röhren und Gänge. Gurdeni kletterte wieder in einen waagerechten Gang und achtete darauf, dass die beiden anderen Offiziere folgen konnten. Noch einige Meter mussten sie geradeaus kriechen, bis endlich nach einem weiteren geräuschvollen Öffnen einer Luke ein Lichtschimmer den engen Wartungsschacht erhellend durchströmte. Sie waren an einer der hinteren Lagerhallen angelangt. Das Tageslicht drang von einem der Tore ein, das vermutlich durch den Aufprall aus den Führungsschienen gerissen wurde und ihnen somit genug Platz ließ, das Schiff zu verlassen. Sie mussten nur hinkommen.

Als der Sicherheitschef der Akula aus der Luke der Jeffries-Röhre auf das mehr als zwei Decks umfassende Lager blickte, erwartete ihn ein ähnliches Chaos wie in dem Antimaterielager. Einige Container und viele Sondenhüllen nebst dafür vorgesehenen Regalen lagen kreuz und quer in dem sechs Meter hohen Raum. Die drei hatten Glück, dass ein den Raum horizontal teilender Steg unter ihnen lag, den es nur in den späteren Baureihen der Excelsior-Klasse gab und die Koordination der Güterlagerung erleichtern sollte, sonst hätten sie jetzt mehr als vier Meter in die Tiefe springen müssen, um dann am anderen Ende des Raumes wieder an der Wand hochklettern zu müssen und dann durch die Lücke zwischen dem Hangartor und der Schiffshülle ins Freie zu gelangen. Noch mehr Glück hätten sie jedoch gehabt, wäre dieser Typ eine der wenigen Kategorie-2-Ausbaustufen gewesen, wie es die dritte Enterprise oder die Lakota sind, bei denen die Trennwand zwischen den beiden separaten Frachträumen entfernt wurde und das Hangartor sich über beide Decks erstreckte, um so besonders sperrige Ladungen transportieren zu können. Aber sie konnten sich nicht beschweren, es würde eben nur nicht ganz so einfach werden.

Doch auch wenn der Steg nur knapp zwei Meter unter ihnen lag, war es dem Lieutenant zu gefährlich, auf die siebzig Zentimeter schmale Brücke zu springen oder einem der anderen beiden einem entsprechenden Befehl zu erteilen.

"Hank, neben Ihnen müßten einige Energieleiter verlaufen. Öffnen Sie die Verteilerklappe und reißen Sie so viel wie möglich davon heraus."

"Jawohl, Sir." MacDonald nahm ein Teil der Wandverkleidung ab und zog an den Kabeln, bis sie nachgaben. Da er sich vorstellen konnte, was sein vorgesetzter Offizier zu tun gedachte, riss er nur ein Ende aus der Wand, schlang das Kabel jedoch kurz vor dem anderen Ende noch zweimal um eine Querstrebe, da die eigentliche Verankerung sonst dem Abwärtssteigen nicht standhalten würde.

Gurdeni warf das mehr als ausreichende Kabel hinunter und begann mit dem Abstieg, gefolgt von den beiden anderen. Auf dem Steg angelangt balancierten die drei vorsichtig zu dem Hangartor und zwängten sich durch den Spalt. Draußen angelangt wurden sie vom hellen, wärmenden Licht der fernen Sonne empfangen. Außen war eine Leiter angebracht, die sie auf eine kleine Plattform brachte, von der aus sie weiter nach unten auf eine größere Plattform gelangen konnten, die eigentlich zur unteren Schiffshülle zählte, aber jetzt einer der höchsten Punkte in der Umgebung bildete. Von dort aus konnten sie die Lagune sehen, ebenso die flauschig wirkenden Wolkenschleier, die gar nicht wie das reißende Unwetter aussahen, das sie von der anderen Seite bildeten.

Und noch weiter draußen sahen sie schier unglaubliches.

Sieben kleine Punkte kamen auf die Lagune zu gesaust. Zuerst wussten sie nicht, was es war, doch schon bald konnten sie die unverwechselbaren Designs von Sternenflottenshuttles ausmachen.

"Die werden doch nicht etwa so töricht sein, den Sturm durchqueren zu wollen?" meinte Doreng.

Immer näher kamen sie den Wolken, die in unregelmäßigen Bahnen um die hufeisenförmige Insel kreisten. Es sah fast so aus, als würden sie tatsächlich versuchen, auf diese Seite des Sturms zu kommen.

MacDonald war der nächste, der laut dachte: "Vielleicht ist der Sturm schwächer geworden?"

Plötzlich drehten sie ab.

"Oder auch nicht. Es wäre auch möglich, dass sie nur etwas testen", sagte Gurdeni. "Wir sollten uns langsam daran machen, von diesem verlassenen Schiff zu kommen und uns überlegen, wie wir zur Akula zurück gelangen können."

"Sehen Sie, Sir", rief MacDonald aus und deutete aufs Wasser hinaus.

Dutzende kleiner Kapseln tauchten auf, einige öffneten sich und Personen, Mitglieder der Flotte, wie unschwer, auch auf diese Entfernung, an ihren Uniformen zu erkennen war, begannen, die Kapseln zu einem Floss zu verbinden.

"Sie sind sicherlich zu unserer Unterstützung hier", vermutete Doreng. "Ich nehme an, sie rechnen hier mit hunderten Verletzten."

"Gehen wir zu den anderen Teams."

Wieder zusammen begaben sich die neun des Rettungsteams der Akula zügig in Richtung Strand. Sie nahmen nicht den gleichen Weg, den sie hierher entlang liefen, da Lieutenant Denna einen kürzeren Weg zu finden geglaubt hatte. Im Gänsemarsch gingen sie durch das unwegsame Gelände der wilden Dschungellandschaft.

"Eins verstehe ich nicht", begann Fähnrich Forrester nach einiger Zeit. "Es ist zwar schon eine Weile her, dass ich mich mit Physik intensiv beschäftigt habe, doch ich dachte immer, wir sehen nur, was beleuchtet wird. Ich meine, das Licht von der Sonne, oder irgend einer anderen Lichtquelle, trifft auf ein Objekt, dessen Oberfläche das Licht in einem Spektrum zurückwirft, was wir dann als Objekt in einer bestimmten Farbe sehen, wenn dieses Licht auf unsere Netzhaut trifft.

Wenn nun aber, wie ich von Mister Raymond erfahren habe, da ich ja die meiste Zeit über auf der Krankenstation war, hier um diese Insel dieses Nebeldings ist, das unsere Sensoren nicht durchdringen konnten, wie können wir dann hier alles so hell und deutlich sehen?"

"Nun", versuchte Gurdeni eine Erklärung zu finden, "ich bin auch kein Pysiker, aber ich denke, dass das Licht von außen durch die Wolkenbarriere kommt, hier alles erleuchtet, dann aber nicht wieder durch die Barriere zurück kann."

"Ich glaube, ich weiss was Forrester meint", klinkte sich Doreg in das Gespräch ein. "Wie kann das Licht, also diese einfache Lichtwellen, durch den Sturm gelangen, wenn es unsere Hochleistungssensoren nicht schaffen."

"Vielleicht genauso wie mit dem Licht", sagte Chief Petty Officer Jot, der an zweiter Stelle gleich hinter der Andorrianerin lief. "Der Sensorstrahl kam zwar bis zur Oberfläche durch, aber der reflektierte Strahl konnte nicht zur Akula zurückkommen."

"Wir nutzen keine Passivsensoren mehr, Officer", meinte MacDonald ein wenig herablassend. "Währen Sie auf der Akademie gewesen, wüßten Sie ..."

"Fähnrich, reißen Sie sich zusammen", unterbrach ihn Gurdeni.

Lieutenant Denna hielt ihn davon ab, dem verletzten Mannschaftsmitglied noch etwas tröstendes zu sagen, als sie rief: "Sind gleich da!"

Als die neun Leute des Außenteams das Ufer erreichten, betraten gerade die ersten der Neuankömmlinge den sandigen Boden.

"Wie viele Verletzte gibt es?" fragte eilig ein leicht untersetzt wirkender Heriner und wollte sich sofort auf den Weg zu dem Wrack machen.

Gurdeni sah die drei Sterne am Kragen des blauen Uniformpullovers unter der schwarzen Jacke mit den grauen Schulterteilen. "Kein einziger von unseren, Sir."

Der Arzt drehte sich eilig um. "Was für einen Scherz versuchen Sie hier mit mir zu spielen, Lieutenant?" fauchte der Heriner auf Föderationsstandard. "Mehrere hundert Leute befanden sich an Bord dieses Schiffes!"

"Dessen bin ich mir bewußt, Sir. Aber ..."

"Was heisst hier: Dessen bin ich mir bewußt. Ihnen müsste doch ..."

"Doktor Ereno!" unterbrach ihn Captain Night barsch. "Erzählen Sie, Lieutenant, was meinten Sie, als Sie sagten: Keiner von uns?"

Während aus den Torpedohüllen Gerätschaften und Werkzeuge an Land gebracht wurden, begann Gurdeni zu erzählen: "Wir hatten uns in drei Teams aufgeteilt. Lieutenant Denna blieb draußen, Doktor Hobbs ging in den Primärrumpf, da er dort die meisten Verletzten vermutete und mein Team ging in den Sekundärrumpf. Wir haben niemanden gefunden. Keine Überlebenden, keine Toten. Auf dem Weg hierher erfuhr ich, dass der Diskus genauso ausgestorben wirkte. Als wir jedoch auf dem Weg nach draußen waren, sahen wir zwei andere Individuen. Ich nehme an, dabei handelte es sich um eine einheimische Spezies. Vermutlich die, welche Commander Dares geortet hatte, bevor wir in die Nähe des Planeten gekommen sind."

"Eigenartig."

"Eins dieser Wesen hat sich mit Antimaterie verletzt."

"Wie bitte?"

"Eine Vorratskapsel an Bord der Silence ist geborsten und die Antimaterie entweicht jetzt langsam."

"Das ist vollkommen unmöglich."

"Ich weiß, Captain. Hätte ich es nicht gesehen, würde mir das Glauben auch sehr schwer fallen. Die Wesen müssen uns gefolgt sein und eins wollte wohl die Gammafackel der Materie-/Antimateriereaktion berühren. Ich kann nicht sagen, wie intelligent sie sind, doch wenn sie noch nicht über das Feuer verfügen, ist ihr Interesse dafür jetzt mindestens geweckt."

"Was wollen sie damit sagen, Lieutenant? Das wir hier gegen die Erste Direktive verstossen? Denken Sie, das ist mir nicht seit dem Zeitpunkt klar, als sie diese Individuen erwähnten?"

"Doch, Sir. Tut mir leid."

"Schon gut." Night sah zum Kiel des auf dem Kopf liegenden Schiffes der Excelsior-Klasse und überlegte.

"Noch etwas, Captain", setzte Gurdeni an.

"Ja?"

"Mir ist aufgefallen, dass diese Wesen sehr spitze Zähne hatten. Sie waren eindeutig keine Vegetarier."

Mit entsetztem Gesicht sah ihn der herinische Arzt an. "Blut haben Sie aber keines gefunden, oder?"

"Nein, Sir."

"Gut", meinte Ereno.

"Gar nichts ist gut. Durch die Tatsache, dass es hier möglicherweise intelligentes Leben gibt, sind wir verpflichtet, die Erste Direktive einzuhalten, beziehungsweise den angerichteten Schaden zu begrenzen. Wir müssen so schnell wie möglich damit beginnen, ein Schiff zu demontieren, eine Arbeit, für dessen Komplettierung eine mäßig ausgerüstete Schiffswerft ungefähr fünf Jahre bräuchte." Er nahm einen Tricorder aus dem Holster an seinem Gürtel und klappte ihn auf. Die Displays blieben dunkel. "Das wird eine Weile dauern."

 

Kapitel 6 - Vor dem Wrack des Sternenflottenschiffes U.S.S. Silence

"Lieutenant, suchen Sie sich noch ein paar andere und schlagen Sie eine Bresche durch das Unterholz. Ravietu, machen Sie eine der Torpedohüllen für die Rückkehr bereit und kommen Sie dann zu mir. Der Rest bringt die Ausrüstung hierher und baut das Lager auf. Vorwärts!"

Captain Night ging zu den beiden Leitenden Ärzten, die etwas abseits standen und die Einteilung beobachtet hatten. "Doktor Ereno, Sie hatten einige Sanitäter mitgebracht. Ich würde gern jemanden von denen zur Firebrand zurückschicken Wir brauchen mehr Leute und Material für die Demontage, außerdem sollte Commodore Meto informiert werden. Ich bitte Sie, jemand geeigneten zu mir zu schicken."

Als der Heriner gegangen war, wand er sich an Doktor Hobbs: "Haben Sie im Diskus auch solche Wesen gesehen, wie sie Gurdeni beschrieben hat?"

"Nein, es war viel zu dunkel. Aber er meinte ja auch, dass sie nie auf die Wesen aufmerksam geworden wären, wenn sie nicht so neugierig die Gammaflamme hätten berühren wollen. Ich nehme an, besser gesagt, ich bin mir recht sicher, dass auch wir von mindestens einem dieser Wesen beobachtet worden sind."

"Wenn ich davon ausgehe, dass die beiden nicht durch einen Spalt im Rumpf nach draußen gelangt sind, werden sie, oder zumindest das verletzte, noch im Wrack sein, da die Wege mit nur einer Hand schwer zu bewältigen sind. Ich habe vor, mit Ihnen und ausreichend anderen die Notfallluke dort oben entfernen zu lassen und beide Wesen dort raus zu holen. Doktor Ereno hat sicherlich, denke ich, Betäubungsmittel mitgenommen."

"Das sollte er, angesichts der Verletzten, die hier vermutet wurden."

"Ja, das habe ich auch", sagte der Heriner, als er mit einer jungen Krankenschwester zu ihnen zurückkam. "Hier ist Ihre Flaschenpost, Captain. Das ist Fähnrich Carmen-Luise Mahn."

"Danke, Doktor. Fähnrich, ich nehme an, Doktor Ereno hat Ihnen schon erläutert, was ich von Ihnen verlange. Sind Sie bereit?"

"Ja, Sir."

"Gut. Sagen Sie Captain Morow, dass auch auf diesem Weg die Geräte nicht vor dem Energieverlust gefeit sind. Er soll sich Gedanken machen, wie wir das Schiff hier demontieren können. Und wenn er Verstärkung schickt, sollen die gleich noch einige, mindestens zweihundert Meter lange Seile mitbringen."

"Und am besten noch einige mechanische Gewehre mit leeren Betäubungsphiolen", fügte Hobbs noch hinzu.

"Aye, Sir."

"Unten am Strand wird eine Kapsel vorbereitet, die Sie nutzen können. Wegtreten."

"Jawohl, Sir."

Als die junge Frau gegangen war, sagte Night zu den beiden Ärzten: "So, meine Herren, Sie können sich jetzt Gedanken machen, wie sie zwei unbekannte Lebewesen betäuben können, während ich mir überlege, wie wir am besten dort hinein kommen."

Zwei Stunden später war die Bresche geschlagen, die Ausrüstung zum Wrack gebracht und ein einfaches Lager aufgeschlagen.

Die beiden Ärzte hatten lange diskutiert, doch jetzt hatten sie einen zähflüssige, blassrosa schimmernden Brei vor sich stehen.

"Captain, ich glaube wir haben die Lösung", riefen sie Night zu sich. "In Dores-Gel gebundenes Neurozingas mit einem universalem Anästhesiedimer."

"Sieht lecker aus. Und sie meinen, das wird wirken?"

"Bei allem was wir kennen, schon. Wir haben genug Neurozin untergemischt, dass drei der Phiolen, wie sie in den Gewehren sein müssten, einen eineinhalb Tonnen Rectyne-Monopod ausschalten könnte. Doch diese Wesen könnten vollkommen anders darauf reagieren, alss jede Spezies, die wir kennen."

"Doktor Hobbs oder ich, je nachdem, wen sie mitnehmen wollen sowie zwei weitere, werden ihre Gewehr mit einigen Phiolen in Dores-Gel gelöstem Atropin geladen haben, nur für alle Fälle." Ereno hob eine der kleinen Glaszylinder, die normalerweise in Hyposprays zu finden waren und zeigte dem Captain die dunkelgelbe Flüssigkeit.

Night nahm die Phiole. "Atropin? Ich habe schon davon gehört. Ein giftiges Alkaloid, in Tollkirschen zu finden, nicht wahr?"

"Atropin ist der Tropasäureester des Tropanils. Es wird vor allem in den Wurzeln der Nachtschattengewächse, zu denen auch die Tollkirsche, oder Atropa belladonna, gehört, gebildet und gelangt dann in die Früchte und Blätter. Wurde noch vor wenigen Jahrzehnten sehr häufig verwendet, ist jetzt aber von anorganischen Mittel verdrängt worden. Da es bis jetzt bei allen organischen Lebewesen, von denen wir wissen, wirkt, haben wir uns gedacht, das es nützlich sein könnte. Das Problem ist nur, dass Doktor Ereno zu wenig mit dabei hatte. Das soll kein Vorwurf sein, Doktor, ich hätte es wahrscheinlich gar nicht mitgenommen."

Ereno machte eine Handbewegung, die sowohl ‚Schon gut‘ als auch ‚Machen Sie weiter‘ hätte bedeuten können.

"Wir haben versucht, es mit Dores-Gel zu strecken und gleichzeitig die Wirkung zu steigern, doch angesichts der Größe der Phiolen müssten immer noch mehrere Schüsse auf ein Individuum abgefeuert werden, bis die Wirkung einsetzt. In dieser Zeit kann eine Menge passieren."

"Hoffen wir einfach, dass das Neurozin wirkt."

"Danke. In Kürze wird wohl die Verstärkung her eintreffen, bis dahin halten Sie sich bitte bereit."

"In Ordnung, Wir gehen so vor", begann Night ungefähr fünfzehn Minuten später seinen Plan zu erklären. Neben ihm stand Commander Rayd, welcher mit fünfundzwanzig weiteren Offizieren und Unteroffizieren der Schiffe Akula, Firebrand und Pathfinder gekommen war und dem er zuerst von dem Plan erzählt hatte, um dessen Meinung zu erfahren. Nach einigen Abänderungen ging es los.

Sie hatten die drei langen, mitgebrachten Seile, die aus einem duraniumverstärkten Thetapolymer bestanden und eine Länge von dreihundertvierundsiebzig Metern hatten, mit kleinen Druckluftpatronen über den bauchigen Sekundärrumpf der Silence geschossen und dann rechts und links neben dem Schiff verankern. Dann waren von beiden Seiten je zwei Teams zu sechs Leuten bis nach oben geklettert, wo sie jetzt zu zwölft standen. Jeder von ihnen trug ein mechanisches Gewehr und jeder zweite ein zusammengerolltes, kürzeres Seil mit sich. Commander Rayd, Doktor Hobbs und Lieutenant Fowley von der Pathfinder trugen je ein Betäubungsgewehr mit Atropin, die restlichen neun hatten die mit Neurozin geladenen Schusswaffen dabei. Der Arzt hatte zusätzlich noch ein Medikit mit verschiedenen Gerätschaften und sogar einigen simplen Spritzen dabei.

"Sie, Sie, Sie und Sie", Night zeigte nacheinander auf vier Fähnriche, deren Namen ihm jetzt nicht einfielen, "werden die manuellen Überbrücker bedienen, die sich da, dort, dort und dort", er zeigte auf die verschiedenen Stellen auf der Außenhülle des Schiffes, die zusammen die Eckpunkte eines schmalen, länglichen Rechtecks bildeten, wobei je eine schmale Seite zum Bug, beziehungsweise in Richtung Heck zeigten, "unter kleinen Abdeckplatten befinden. Pumpen Sie mit den Hebeln gleichzeitig ungefähr zwanzig mal."

Die vier Offiziere knieten vor den geöffneten Fächern vor den Hebeln. Einer von ihnen begann zu zählen: "Und eins, und zwei, und..."

Ein großes Stück der Außenhülle hob sich mit jeder Pumpbewegung eins Komma sechs Zentimeter, bis zum Schluss die gesamte dreißig Komma vier sieben Zentimeter, die eine Hüllenplatte dick war, etwas weniger als zwei Zentimeter über der restlichen Hülle thronte und wie ein sechs Meter breiter und fünf Meter langer, niedriger, leicht gewölbter Tisch wirkte.

"So, es müssten auf jeder Seite vier kleine Laschen sein. Sie zwei gehen nach drüben und drücken kräftig nach Steuerbord und Sie zwei nach Backbord. Und los!"

Die Hüllenplatte teilte sich in der Mitte und je eine Hälfte glitt an Führungsschienen nach Backbord beziehungsweise nach Steuerbord, bis durch eine fast dreißig Quadratmeter große Öffnung den Weg in das Innere des Schiffes frei war. Durch diese Luke, die im Notfall auch dem Ausstoss der Antimateriekapseln diente, wurde das Schiff an Raumbasen mit neuen Kapseln beladen, wenn kein Antimaterietanker die vorhandenen Behälter nachfüllte. Eine ähnliche Luke gab es weiter in Richtung Bug, durch welche die M/AR-Konstruktion abgeworfen oder ausgetauscht werden konnte.

Alles sahen nach unten, niemand aber konnte eines der Wesen erspähen.

"Bereitmachen zum Abseilen", rief Night den Teams zu.

Sie befestigten die kürzeren Seile an den längeren, an denen sie hochgeklettert waren und warfen die losen Enden in den Antimaterielagerraum. Rayd, Gurdeni und ein weiterer Offizier seilten sich an der bugwärtigen Seite die fünf Meter in die Tiefe ab, Hobbs mit zwei anderen an der gegenüberliegenden, während die anderen sechs mit den Gewehren nach unten zielten.

Night sah von oben, wie Gurdeni seinen Ersten Offizier auf etwas aufmerksam machte "Können Sie was sehen, Commander?"

"Lieutenant Gurdeni hat mir nur gerade den beschädigten Behälter gezeigt. Dort vermutlich werden die beiden Tiere noch sein."

"Sir, ich glaube es hatte beim letzten Mal intensiver gebrannt, aber das könnte auch daran liegen, dass beim letzten Mal der ganze Raum viel dunkler war."

"Gut, warten Sie unten, wir kommen gleich nach. Halten Sie die Augen offen."

"Aye, Captain."

Als der erste Trupp unten auf den Containern stand, folgten ihnen die übrigen sechs.

"Hat jemand schon irgendwelche Bewegungen ausmachen können?" fragte Night, als er neben seinem Stellvertreter auf dem Container stand.

Von allen Seiten wurde seine Frage verneint und langsam gingen sie in Richtung der beschädigten Behälters. Als Night von dem Behälter springen wollte, blieb er an einer Kante hängen und schürfte sich den Oberschenkel auf. Er blickte sich um. Keiner schien es gesehen zu haben und wenn doch, so sagte wenigstens niemand etwas. So und nicht anders wünschte er sich das.

"Captain", meldete sich Doktor Hobbs flüsternd zu Wort. "Lieutenant Gurdeni meinte, dass es sich bei den Lebewesen um Carnivoren, also Fleischfresser oder besser gesagt Raubtiere, handelt. Obwohl wir bis jetzt auf keine ihrer Beutetiere gestossen sind, so halte ich es für besser, mit deren Kreativität im Aufspüren von Opfern zu rechnen. Vermutlich hat das nicht verletzte Wesen hier irgendwo einen Hinterhalt eingerichtet."

"Sprechen Sie ihnen jetzt nicht zu viel Intelligenz zu, Doktor?"

"Das denke ich nicht, Captain. Die Zeitreiseexpedition dreiundzwanzig zehn hat erbracht, dass schon die frühen Dinosaurier hervorragende Taktiken in Hinsicht auf das Ergreifen von Beutetieren ausgeklügelt haben."

"Ja. Soweit ich mich erinnere haben sie zwei Expertenteams verputzt", meinte einer der Lieutenants der rechten Flanke.

"Ja schon, aber was ich damit ausdrücken wollte: bis dahin hatten viele Wissenschaftler den Dinosaurier auch jegliches intelligente Verhalten aberkannt."

"Und Sie meinen, hier haben wir einen ähnlichen Fall."

"Ich will nur darauf hinweisen, dass wir uns auf alles gefasst machen sollten."

"Gut. Und jetzt Funkstille."

Ungefähr zehn Kapseln waren jetzt noch zwischen ihnen und dem Ort, wo das verletzte Wesen liegen sollte. Langsam umrundeten sie jede einzelne, bis Night die beiden Flanken zu einer Zangenbewegung formierte.

Schritt für Schritt kamen sie dem Gammaleuchten der Reaktion immer näher. Der Captain vergewisserte sich noch einmal, dass jeder auf seinem Posten stand und das oder die Wesen umzingelt sein müssten.

Mit einer Handbewegung ließ er seine Leute hervor stürmen...

...doch außer dem Behälter war der Ort leer. Es war kein Lebewesen hier.

"Scheint so, als wären sie schon weg."

"Das glaube ich kaum", meinte Gurdeni. "Mit einer Hand wird es wohl kaum auf dem selben Weg wie wir hier raus gekommen sein."

"Vielleicht sind sie auf dem Weg wieder nach draußen, auf den sie rein gekommen sind."

"Captain. Schauen Sie hier."

Night ging zu dem Fähnrich, der ihn gerufen hatte. Er hockte vor einem Container, der etwas weiter abseits lag, zupfte etwas von einer Kante ab und reichte es dem ranghöchsten Offizier in diesem Raum. Night nahm es entgegen. Es war ein Stück Fell samt Haut, an der etwas Blut klebte. Captain Night gab es dem Doktor, der es in ein Schraubgefäß gab, das er dann wieder im Medikitkoffer verschwinden ließ.

"Ich weiß ja nicht, wie die Gerinnung bei denen funktioniert, aber auf alle Fälle war das Blut noch feucht", merkte Night an.

"Die Blutgerinnung ist eine Schutzfunktion um einen größeren Blutverlust zu verhindern", sagte Hobbs. "Ich nehme also an, dass sie über ein Äquivalent zu unseren Thrombozyten verfügen. Auch wenn diese keine so hohen Wirkungsgrad wie die Blutplättchen haben sollten, so denke ich schon, dass diese Probe noch nicht sehr lange hier hing."

"Gehen wir also davon aus, dass sich das Wesen, entweder allein oder mit Hilfe des zweiten, von dort nach irgendwo da hinten hin geschleppt hat, als wir die Ladeluke geöffnet haben. Gleiche Formation wie eben. Und los."

Wieder schlichen sie sich von Kapsel zu Kapsel und näherten sich langsam der Backbordwand.

"Hier drüben, Sir", flüsterte jemand von der linken Flanke. "Ich kann eins von ihnen sehen."

"Bleiben Sie wo sie sind", antwortete Rayd genauso leise. "Wir sind gleich bei Ihnen."

"Sehen sie auch das zweite?" fragte Hobbs.

"Nein, Sir. Nur das verletzte Wesen."

Nach und nach versammelten sich alle bei dem Fähnrich, der mit seinem Betäubungsgewehr auf das Wesen zielte. Es lag zusammengekauert an der Wand zwischen zwei Kapseln und sah sie teils verängstigt, teils drohend an. Sofort ließ Night einen Ring bilden, so dass das Tier nach allen Seiten abgeschirmt war, falls das andere eintreffen sollte. Doktor Hobbs gab Night sein Gewehr, öffnete das Medikit und wollte sofort mit der Behandlung beginnen, doch das Wesen ließ sich nicht von ihm berühren. Ohne dass Hobbs es merkte hob das Wesen den linken Arm und schien nach dem Arzt schlagen zu wollen. Gurdeni schoss eine Betäubungsphiole auf das Tier ab und mit einem schwachen fauchenden Geräusch traf er es in die Brust. Das Neurozin half jedoch nicht. Im Gegenteil, das Tier wurde noch wütender. Commander Rayd und Lieutenant Fowley schossen je eine Phiole Atropin auf des Wesen und es beruhigte sich sofort.

"Soviel zu Neurozin", meinte Gurdeni.

"Ja", sagte Night. "Alle Gewehr, die mit Neurozin geladen sind, sofort entladen. Jedes Gewehr kann mit acht Phiolen geladen werden. Sie beide haben gerade zwei verbraucht, das heisst, wir haben noch zweiundzwanzig Phiolen. Sie beide", er zeigte auf zwei Fähnriche, "entladen zuerst ihre Waffen, Commander Rayd und Lieutenant Fowley achten die nächsten paar Minuten besonders darauf, dass wir nicht angegriffen werden." Er verfuhr so, bis alle elf Teammitglieder je zwei Atropin-Phiolen in ihren Gewehren hatten. Doktor Hobbs studierte derweil das verletzte Tier.

"Schauen Sie sich das an, Captain", rief er Night nach einer Weile zu sich. "Sie sind Omnivoren." Er öffnete den Unterkiefer des Wesens. Hinter der spitzen Zahnreihe wurde eine weitere Reihe mit abgeflachten Zähnen sichtbar. "Sie haben zwei, hintereinander gelegene Unterkiefer, die sie wohl zu einem bestimmten Teil unabhängig voneinander bewegen können."

"Da bekommt die Phrase‚ mit geschlossenem Mund kauen‘ eine ganz neue Bedeutung."

"Captain, Vorsicht!" rief einer der Junior-Lieutenants hinter ihm. Night hörte das Abfeuern von mehreren Gewehren, doch als er sich umdrehte, stürmte das zweite Wesen immer noch auf ihn und den Doktor zu.

Night hob das Gewehr, bereit zu feuern, zielte kaum und drückte ab, doch plötzlich ging ein Wabern durch den Raum. Es war nichts physisches oder auf sonst irgend eine Art direkt wahrnehmbar, vielmehr hatte Night das Gefühl, dass sich etwas verfälscht hatte. Der Raum schien unverändert, so wie sie ihn betreten hatten. Vor ihm stürmte noch immer das Wesen mit weit geöffnetem Maul auf ihn zu, nur bewegte es sich nicht, und hinter ihm lag nach wie vor das verletzte, doch waren die anderen, mit denen er gekommen war, um die Wesen aus dem Wrack zu holen, jetzt nicht mehr bei ihm. Wäre das eine Tier vor ihm nicht mitten in seiner Bewegung erstarrt, so hätte er denken können, es wäre tot. Das andere jedenfalls sah sehr tot aus, so leblos und zusammengekauert wie es auf dem Boden lag. Er sah sich um. Die Konturen der beiden Wesen und aller anderen Dinge im Raum waren jetzt viel schärfer, als sie zuvor waren. Er hatte diesen Effekt erst einmal erlebt: Im Weltraum, wo es keine Atmosphäre gab.

Er ging einige Schritte um das Wesen herum und streckte die Hand aus, um das Fell zu berühren.

°Lass sie doch endlich in Frieden!° ertönte eine klare, helle Stimme in seinem Kopf.

"Was...?"

°Du sollst sie in Ruhe lassen! Nichts haben sie euch angetan.°

Night sah sich um. Hinter einer der Antimateriecontainer stand ein Mensch.

"Wer sind Sie?"

°Stell dir selbst diese Frage und beantworte sie.°

"Sind Sie ein Betazoide?"

°Scheinbar verstehst du es nicht.°

Nachdem diese Worte in seinem Kopf verklungen waren, kam die fremde Person langsam hinter dem Container hervor und trat in das Licht. Night kam es so vor, als blicke er in einen Spiegel, so deutlich sah er sich gegenüber. Alles, die Narbe auf der Stirn, die er seit seiner Kindheit hatte, war ebenso vorhanden, wie der Riss in seiner Uniformhose, an deren Stofffetzen das gerinnende Blut langsam antrocknete.

"Erkennst du dich nun?" fragte ihn sein Gegenüber.

"Ich erkenne, wen Sie imitieren, doch ich habe keine Ahnung, wer Sie sind. Aber da Sie scheinbar genauso einfach Einfluss auf den Lauf der Zeit nehmen können, wie Sie mich nachbilden, ist die Frage nach dem WER wohl hinfällig. Viel angebrachter wäre sicher: WAS sind Sie?"

"Ich bin da, nur das zählt."

"Ich gehe am besten davon aus, das Sie ein Hologramm sind. Sie gehen vermutlich davon aus, dass ich mich dadurch beeinflussen ließe, wenn ich mir selbst in die Augen sehen müsste. Und da wir gerade bei Illusionen sind: Ich nehme an, dieser Raum ist ebenso ein Hologramm, denn anders könnte ich mir nicht erklären, wie die Zeit in diesem Raum stillstehen könnte, ohne dass ich oder das Universum davon betroffen wären."

"So ist es. Du könntest es dir nicht vorstellen."

"Ach kommen Sie. Es ist unmöglich, die Zeit zu stoppen und dann noch etwas zu sehen, ginge man davon aus, dass man selber nicht in der angehaltenen Zeit feststecke. Ebenso wie die Zeit würde auch das Licht stillstehen und nicht mehr schwingen, geschweige denn sich weiter ausbreiten. Es wäre vollkommen finster. Und ich mag mir gar nicht vorstellen, was sonst noch alles passieren könnte."

"Unmöglich, soso", sagte der andere einfach und ging einige Schritte weiter auf Night zu. "Wenn man weiss, wie etwas funktioniert oder warum etwas nicht funktioniert, kann man Wege finden gewisse Dinge zu umgehen um sie doch funktionierend zu machen." Er sah Night an. "Nichts ist schneller als das Licht, nicht wahr?" Der andere wand sich wieder dem Wesen zu.

"Na schön. Wie machen Sie es?"

"Im Grunde bin nicht ich es, der die Zeit angehalten hat, sondern die Anfänge. Ich wollte es nur. Und sie haben es dann getan."

"Was für Anfänge?"

"Die Anfänge. Ewig und Endlos. Die beiden, die zusammen mit allem entstanden sind, die alles sind."

"Was meinen Sie mit alles?"

Der andere sah wieder zu Night und machte eine weit aufholende Armbewegung. "Alles eben. Diese Inseln, den Planeten, das ganze System. Diese Galaxie genauso wie die, die nach dieser Galaxie ist und sie, die hinter der nachfolgenden ist. Alles. Die Gesamtheit aus allen Galaxien, Sternen und Planeten, alle Atome, Ionen, Teilchen. Alles."

"Das..."

"...glaubst du nicht? Wie kannst du etwas bezweifeln, von dessen Existenz du bis eben nicht einmal geahnt hattest?"

"Ich weiß, was Ewigkeit und Unendlichkeit bedeuten, und ich glaube dir, dass sie mit dem Urknall begonnen haben. Ich verstehe nur nicht, was das mit dem zu tun hat, was hier geschieht?"

Der andere kam wieder etwas näher. "Du verstehst nur zum Teil. Du verstehst die Worte, aber ihre Bedeutung bleibt dir verborgen."

"Dann erklären Sie es mir bitte."

"Am Anfang war fast nichts, dann begann alles zu entstehen. Ewig und Endlos beobachteten alles, griffen ein, dirigierten die Entstehung, schufen das Leben, spielten mit ihnen, lernten, gaben Obacht und studierten. Sie sind die Anfänge. Sie sind Ewig und Endlos."

"Deuten Sie an, dass mit dem Urknall das erste Leben begann? Dass es gleich zu Beginn intelligente Entitäten gab, die unsere Entwicklung, all unser Schaffen, beeinflusst haben?"

"Ich brauche gar nichts andeuten."

"Und was sind Sie? Immerhin scheinen Sie genug Macht auf die beiden ausüben zu können, um zumindest die Zeit nach ihren Wünschen ablaufen zu lassen."

"Ich bin ein Teil von beiden."

"Deren Kind?"

Der andere machte ein Gesicht, als verstehe er nicht recht. "So ist der Lauf der Dinge."

"Und was machen Sie hier?"

"Ich lerne", sagte er und wies auf das Wesen. "Ich studiere das Verhalten von Individuen."

"Wo ist die Crew dieses Schiffes?"

"Sie ist in Sicherheit. Genauso die beiden, die in dem kleinen Schiff als erstes hierher zu kommen versuchten."

"Wo? Lassen Sie uns sie mitnehmen."

"Ich habe sie an einen Ort gebracht, den ich eigens für sie erschaffen haben. Sie sind dort gut aufgehoben."

Night machte einige Schritte auf das erstarrte Wesen zu und berührte vorsichtig einen der vorderen, spitzen Zähne.

"Du denkst, dass die anderen verspeist wurden?"

"Diese Wesen hier ernähren sich von Fleisch."

"Sie haben noch nie in ihrem Leben ein größeres Landlebewesen außer sich selbst gesehen. Diese Insel ist zu einem gewissen Teil hohl. In den Bergen gibt es eine Menge Höhlen, viele mit trinkbarem, gesundem Wasser gefüllt. In diesen Seen leben viele unterschiedliche Nahrungstiere, deren Evolution ich genau überwache. Insekten werden die einzigen Arten sein, mit denen sie dieses Land zu teilen haben."

"Und seit wann sind Sie hier?"

"Länger als du denken kannst. Ich habe dieses System geschaffen, jeden einzelnen Planeten genau ausbalanciert und an die richtige Stelle in diesem System gebracht, habe hier die Voraussetzungen für Leben geschaffen und die Entwicklung von diesem Leben beobachtet. So, wie die Anfänge es mit Allem gemacht haben, nur in kleinerem Maßstab. Doch ihr habt alles zunichte gemacht."

"Moment mal. Was wollen Sie damit sagen. Dass es unsere Schuld war, dass wir erst auf diesen Planeten, dann auf diesen Sturm und dann auf diese Wesen aufmerksam wurden?"

Verärgert blickte der andere Night ihn tief in die Augen. "Ihr hättet nie hier landen dürfen!"

"Glauben Sie mir, das war bestimmt nicht unsere Absicht. Aber wenn Sie uns gestatten würden, unsere Instrumente so zu benutzen, wie wir es möchten, so verspreche ich Ihnen, dass wir versuchen werden, den angerichteten Schaden zu begrenzen."

"Das wird nicht möglich sein. Der Schaden ist zu groß. Das Leben hier wurde zu sehr beeindruckt. Es wird nicht mehr so sein, wie zuvor."

"Bitten Sie doch ihre Eltern, dass Sie die Zeit ein bisschen zurückdrehen und gehen Sie etwas geschickter an die ganze Sache heran. Zum Beispiel könnte dieser Planet von Anfang an getarnt sein, so dass nie jemand auf die Idee käme, hier Leben zu vermuten. Dann..."

"Das ist zwar möglich, auch wenn das, was du vorschlägst, ein ziemlich komplexer Vorgang wäre, doch die Anfänge würden dem nie zustimmen. Zuviel ist während der Zeit geschehen, seit eurem Eingreifen haben viele Milliarden Völker Freude empfunden, und ebenso viele Leid, Milliarden Kriege wurden beendet und begonnen, unzählbare Gedanken wurden gedacht, die Handlungen und Gefühle verursacht haben, welche weitere Ideen nach sich gezogen haben, denen wiederum Taten und Emotionen folgten. Dieses Experiment, so wichtig es auch sein mag, ist nichts in der unendlichen Interaktion unendlich vieler Faktoren."

"Dann lassen Sie uns wenigstens unsere Schiffe bergen, damit wir nicht länger dieses Experiment stören."

"Damit wäre nichts ungeschehen gemacht." Der andere sah wieder zu dem Wesen, wollte ihm über den Hals streichen, zog aber die Hand zurück, bevor er das Fell berührte. "Diese Wesen wurden unobjektiv. Sie werden ihre Existenz hinterfragen, sich unbedeutend, minderwertig fühlen angesichts dessen, was sie erlebt haben. Sie werden einen Glauben aufbauen, eine Religion auf diesem Glauben aufbauen, versuchen, Macht über einzelne zu übernehmen..."

"Ist es nicht das, was Sie sich wünschen?"

"Dass ich oder irgend etwas anderes verehrt werde? Das war nie in meinem Sinn. Tatsache ist, dass die Verehrung irgendwelcher Dinge in dieser Galaxie von jedem vernunftbegabten Volk betrieben wird. Das ist einzigartig in diesem Universum. Das ist auch der Grund, weswegen ich diese Galaxie ausgewählt habe. Aber jetzt ist alles vorbei."

"Sie werden lernen."

"Doch wieviel Schmerz werden sie dabei erleiden müssen, wieviel Pein werden sie anderen zufügen?"

"Es gibt doch sicherlich Mittel und Wege..."

Der andere, der bis jetzt nur das Wesen angestarrt hatte, drehte sich ganz langsam um und sagte voller Wut: "Nein, die gibt es nicht."

Wieder spürte Night dieses Wabern, diesmal nur sehr viel intensiver. Es schien ihn von den Beinen zu reissen, ihn gegen die Wände zu schleudern. Er spürte einen ungeheuren Druck auf seiner Brust, schloss die Augen, glaubte ersticken zu müssen, bevor er zerquetscht werden würde, doch schon war alles vorbei. Er öffnete langsam die Augen und sah auf den Hauptbildschirm der Akula. Er saß auf dem Sessel des Captain. Der Riss in der Uniformhose und der Kratzer waren noch immer vorhanden. Links neben ihm daß Commander Rayd, der sich überrascht nach allen Seiten umsah, ebenso der Steuermann vor ihnen und die gesamte Brückencrew.

Am linken Rand des Hauptbildschirms sah er einen Teil des Primärrumpfes eines Schiffes der Excelsior-Klasse, etwas weiter vorn und weiter entfernt ein Schiff der Intrepid-Klasse und irgendwo in der Nähe würde sicherlich die Firebrand sein.

"Captain", kam von einer der sekundären Stationen, "wie..."

"Ich habe dafür auch keine Erklärung", log Night. Er hielt es für besser, seiner Crew nichts zu sagen. Doch was würde er den anderen drei Schiffskommandanten, Commodore Meto oder gar der Sternenflotte erzählen, dass sie nie wieder hierher kommen würden? Die Wahrheit? Würde sich jeder an ein Verbot halten, dieses System nie wieder zu betreten? Und wen würde man mit diesem Verbot überhaupt erst auf dieses System aufmerksam machen?

Er war sicher, das der Flotte schon das richtige einfallen würde.

"Captain, die Planeten bewegen sich!" rief ein Junior-Lieutenant von der Wissenschaftlichen Station aus.

"Das wäre auch besser für die Planeten," flüsterte Rayd, doch der Lieutenant hatte es gehört.

"Das meine ich nicht, Sir. Sie bewegen sich auf die Sonne zu und werden immer schneller.

Nein, nicht, hätte Night am liebsten geschrien, doch statt dessen konnte er nur entsetzt auf den Hauptbildschirm sehen, als einer der Planeten, ein Gasriese, vergrößert dargestellt wurde. Die Lufthülle wurde nach hinten weggerissen und erzeugte einen langen Schweif, während sich der feste Kern allmählich verformte, verflüssigte, zu glühen und zu verdampfen begann, noch bevor sich Risse auf seiner stabilen Hülle bilden konnten. Zwanzig Minuten später war er nicht mehr als ein langgestrecktes, spindelförmiges Band, dessen Atome und Ionen aufgrund der starken Reibung und der zunehmenden Nähe zum vormals so fernen Stern leuchteten.

Das Bild auf dem Hauptschirm wechselte wieder zur Gesamtansicht des Systems. Aufgrund der Sensoren konnten sie das, was jetzt passierte, beobachten, Stunden bevor das Licht von dem Stern zu dem drei Milliarden Kilometer entfernt liegenden Standpunkt der vier Raumschiffe vorgedrungen war. Die Sonne schwoll an, und fiel wieder in sich zusammen, expandierte und kollabierte immer weiter und schneller, während ein leuchtendes Band nach dem anderen in dem riesigen Fusionsofen verschwanden. Ein letztes Mal dehnte sich der Stern aus, glühte tiefrot, dann erhellte ein greller Blitz die Brücke der Akula und es wurde dunkel. Das planetare System existierte nicht mehr. Ein zunächst dichter, aber nach und nach immer durchscheinend werdender Nebel, der einmal die obersten Schichten des gestorbenen Sternes gebildet hatte, gab den Blick auf einen kleinen in sich weiter kollabierenden, ausglühenden Stern frei, der immer dunkler wurde.

"Das hätte viel länger dauern müssen", meinte Lieutenant Russell von der CONN.

"Ja", sagte der Lieutenant Commander Dares an der Wissenschaftlichen Station. "Die Bildung eines Schwarzen Loch dauert mehrere tausend Jahre, doch hier ist nicht einmal eine Stunde vergangen."

"Captain, die anderen Schiffe ziehen sich zurück."

"Bedenken wir die Masse der einzelnen Planeten und des Sterns, so halte ich dies für eine sehr gute Idee", sagte Rayd.

"Also gut, Lieutenant. Kurs eins acht null Komma null, voller Impuls."

"Aye, Captain."

"Commander, Ihr Schiff. Ich bin im Bereitschaftsraum."

 

Kapitel 7 - An Bord des Sternenflottenschiffes U.S.S. Akula

"Warum nur."

Captain Night stand am Fenster seines Bereitschaftsraums und blickte nach draußen. Jedoch weder mit seinen Augen, noch mit seinen Gedanken erfasste er das Phänomen, das sich nur einige hunderttausend Kilometer hinter dem Fenster abspielte.

°Glaube mir, es ist besser so.°

Night zuckte zusammen. Doch auf diesen Schreck war die Bewegung seines Spiegelbildes im Fenster nicht zurückzuführen. Es schien ein Eigenleben entwickelt zu haben. Es bewegte sich zwar nicht, sondern blieb genauso stehen wie Night selbst, doch seine Bewegungen wurden nicht von seinem Spiegelbild imitiert.

Sekundenlang starrten sich beide nur an, dann sagte Night: "Wir hätten bestimmt einen anderen Weg gefunden."

°Keiner den ihr hättet durchführen können wäre ausreichend gewesen.°

"Aber deswegen gleich ein ganzes System vernichten?"

Der Kommunikator meldete sich bevor das Spiegelbild antworten konnte. Aus einem Reflex heraus wandte Night den Blick vom Fenster und als er in der Scheibe nach dem selbständig handelnden Abbild seiner selbst suchte, war alles wieder beim alten.

Night tippte auf das kleine Gerät auf der linken Seite seiner Uniformjacke.

"Ja", sagte er leicht zornig.

"Captain, wir haben soeben eine Nachricht von der Discovery erhalten", drang die Stimme seines Stellvertreters aus dem Lautsprecher. "Commodore Meto wünscht Sie zu sprechen."

"Lassen Sie hierher durchstellen, Commander."

Nur wenige Sekundenbruchteile später blinkte der Bildschirm des Computerterminals auf seinem Schreibtisch auf und wies ihn darauf hin, dass eine Nachricht für ihn eingetroffen war. Der Captain setzte sich auf den Stuhl hinter dem Schreibtisch, drehte den Tischcomputer ein wenig und drückte dann eine Kontrolltaste im Sockel. Augenblicklich starrte ihn die wütende Flottillenkommandantin an.

"Sie wollten mich sprechen, Commodore?"

"Allerdings. Ich weiss zwar nicht, warum Sie nicht auf der Brücke sind, da Sie immer noch eine Mission durchzuführen haben, aber es geht mich ja auch nichts an, wie Sie Ihr Schiff zu führen pflegen. Ich übermittle Ihnen die Koordinaten für ihre nächsten Einsatzziele. Im Übrigen wäre ich hocherfreut, wenn Sie mich das nächste Mal sofort in Kenntnis setzen, sobald Sie und Ihr Schiff wieder diensttauglich sind. Wir hinken ganz schön dem Zeitplan hinterher. Meto, Ende."

Der Bildschirm verfinsterte sich wieder und Night tippte erneut auf seinen Kommunikator. "Night an Lieutenant Russell. Haben Sie die Koordinaten von der Discovery erhalten?"

"Ja, Sir. Unser nächstes Ziel ist ein Pulsationsveränderlicher vom Mira-Typ, danach geht es zu einem Fünffachstern und dann..."

"Ist gut, Russell. Setzen Sie einfach einen Kurs und bringen uns hin."

"Aye, Captain."

Night tippte erneut auf das Gerät und unterbrach so die Verbindung. Er stand nicht von seinem Stuhl auf, als er sich wieder dem Fenster zuwandte. Draußen sah er, wie die Pathfinder ein einhundertachtzig-Grad-Wende vollführte und auf das gerade entwickelte Schwarzen Loch zuflog. Sie hatten wohl den Auftrag, dieses Phänomen noch ein Weilchen zu beobachten. Trotz des vermurksten Zeitplans.

Dann ging die Akula auf Warp und entfernte sich schnell von der Kuriosität.

Doch dort draußen, nur zweitausendachthundertvierundsechzig Kilometer vor dem Bug der Pathfinder existierte der Planet weiter, auf dem ein Wesen mit dem Schaffen einer neuen Zivilisation beschäftigt war. Getarnt von einem der furchterregendsten Naturschauspielen drehten sich acht Planeten um einen Gelben Zwergstern. Das ungewöhnlichste jedoch war, dass innerhalb dieses Systems fast achtundzwanzig Stunden, in denen schier unendlich viele Dinge allein schon in dieser Galaxie stattgefunden haben, nicht mehr existierten. Beta Chorom vier würde so lange einen halben seiner Tage hinter der restlichen Zeit hereilen, wie dieses Universum existierte.

 

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Last modified: 10 Apr 2012 
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